The Saboteur (Pandemic/EA) ist bereits für PC, PlayStation 3 und Xbox 360 erschienen.

Foto: EA
Foto: EA
Foto: EA
Foto: EA
Foto: EA
Foto: EA
Foto: EA
Foto: EA

Als bei der Vorpremiere von Quentin Tarantinos "Inglorious Basterds" das Publikum lautstark zu applaudieren begann, erreichte der Film mit dem Abschlachten Hitlers seinen schrägen, großen Höhepunkt. "We will be doing one thing and one thing only: Killing Nazis", schickte noch Brat Pitt alias Lt. Aldo Raine zu Beginn des Spektakels voraus und er sollte Recht behalten.

Das Videospiel "The Saboteur" wird niemals in die Fußstapfen von Tarantinos Meisterwerk stapfen können. Dazu fehlen das geniale Drehbuch, der tiefschwarze Humor und die grandiosen Schauspieler. Doch eines verspricht Pandemics letztes Werk ebenfalls einzuhalten: Nazis töten.

Widerstand

In einem von Nationalsozialisten besetzten Paris wird man Anfang der 1940er-Jahre in die Rolle des Irischen Ex-Rennfahrers "Sean Devlin" versetzt. Von den Nazis verfolgt, stößt man in der unterdrückten Stadt der Liebe auf eine Widerstandsgruppierung und fängt schließlich schrittweise damit an, die Dämonen aus seiner Vergangenheit, als auch die Teufel der Gegenwart - in Lederkluft und Stahlhelm -  zu bekämpfen. Wie der Titel schon verrät, agiert man zumeist alleine als Saboteur und versucht Paris von den deutschen Stützpunkten und Wachposten zu befreien. Devlin stehen enge Freude von früher bei, ein Schriftsteller und Anführer des französischen Widerstands, sowie später dann auch der Britische Geheimdienst. 

Schwarz-weiß-rot

Bevor man im Stile eines GTAs aufbricht, um die Stadt unsicher (oder besser sicher) zu machen, lohnt es sich, seine nähere Umgebung zu erkunden. Devlins Unterschlupf ist nämlich das Hinterzimmer eines Rotlicht-Etablissements. Bei viel nackter Haut, Tänzerinnen und jeder Menge besoffener Nazis fühlt man sich gut aufgehoben. Die Entwickler machen aus ihrer einfach gestrickten erotischen Konterkarierung der Gewaltszenen gar keinen Hehl. Zum Spielstart wird sogar nachgefragt, ob man einen kostenlosen zusätzlichen Inhalt herunterladen möchte (bei der PC-Version bereits inkludiert), um weitere Bordells freizuschalten und die leicht bekleideten Damen oben ohne herumstolzieren zu lassen.

Das kurze Vergnügen mündet, sobald man sein Reich verlässt, in einem in Schwarzweiß getauchten Paris. Lediglich die Banderolen, Hakenkreuzsymbole und das Blut in den Straßen ist rot. Mit der optischen Tristesse wird die Angst vor den Besatzern ebenso ausgedrückt, wie die Okkupation der Stadt. Im Zuge seiner Aufträge jedoch, bringt man mit der Sprengung feindlicher Stellungen und der sukzessiven Befreiung der Bezirke wieder Farbe ins Leben. Ein schlichter, aber eindrucksvoller Effekt.

Lautlos und...

Devlins Fähigkeiten sind vielseitig. Um ungesehen an den zahlreichen Patrouillen vorbeizukommen, kann er auf Häuser klettern, von Dach zu Dach springen oder sich heimlich anschleichen und Wachposten lautlos ausschalten. Verkleidet als "Kraut" marschiert man sogar unbehelligt in die Höhlen des Löwen. Propagandatürme, Panzer und Schussanlagen zerstört man mit Dynamit, das man zuvor beim Schwarzhändler gekauft hat und flüchtet im gestohlenen "Oldtimer" durch die Chanel No. 5 getränkte Nacht. Das weitläufige Paris wurde mit viel Leidenschaft nachgebaut. Pflastersteine lassen die Reifen rumpeln, im grauen Sud der Seine schimmert der Eiffelturm. Die Musik der Zeit untermalt stimmig die greifbar scheinende Melancholie.   

...lautstark

Allerdings trügt der Schein. Zwar können Aufträge tatsächlich lautlos erfüllt werden, zumeist endet ein Einsatz jedoch in wilden Schießereien. Das liegt zum einen daran, dass Devlin kein so begabter Kletterer ist, wie Ezio oder Drake (Assassin's Creed II, Uncharted 2) und die aufmerksamen Männer in den Stahlkappenstiefeln zeitweise außergewöhnlich paranoid sind. Vorsichtiges Heranpirschen löst oftmals doch einen Alarm aus und es bleibt nichts, als zur Waffe zu greifen. Die bleihaltigen Konfrontationen mit den Schurken werden allerdings nur selten zur echten Bedrohung - zumindest im normalen Schwierigkeitsgrad. Das Zielen funktioniert zwar nicht übermäßig präzise, den Widersachern geht es dabei allerdings nicht anders. Auf der Flucht dienen Verstecke wie Dachböden als vorläufiger Unterschlupf, bis das Chaos vorüber ist. Die Entwickler stellen es einem ganz offensichtlich frei, wie man den Feind besiegt. Dabei kann man sich ruhig die Hände schmutzig machen.

Helfende Hand

Durch befreite Arrandissements streifen zwar immer noch vereinzelt deutsche Soldaten, doch fällt hier das Vorankommen wesentlich unbeschwerter. So kommen einem bei Schusswechseln spontan andere Widerständler zur Hilfe. Eine andere Möglichkeit, seine Chancen zu verbessern, ist es seine Erfahrung zu nutzen. Mit der Zeit kann man seine Nehmerqualitäten steigern und die Treffsicherheit erhöhen. Um die persönlichen Fähigkeiten auszubauen, muss man sich im Einsatz bewähren. Beispielsweise indem man hohe Fahndungslevels übersteht.

Nicht zuletzt gibt es auch eine Art Ökosystem. Für das Sabotieren von militärischen Stellungen, wie Tanklagern oder Propagandatürmen^, erhält man Geld bzw. Schmuggelware, mit der man bei Schwarzmarkthändlern in der ganzen Stadt Waffen, Munition und sonstige nützlichen Gegenstände erwerben kann.

Ausfahrt

Die Flucht sollte man gleichzeitig dazu nutzen, die Vue zu genießen. Als Devlin verschlägt es einen nicht nur in die Gossen und Promenaden der Großstadt, sondern darf in schicken Flitzern ins Land hinaus fahren. Sogar in Teilen Deutschlands ist man unterwegs. Die Karriere als Rennfahrer hängt man übrigens trotz Guerilla-Krieg nicht an den Nagel. Obwohl das Fahrgefühl sehr unrealistisch wirkt, macht es zwischen den blutigen Action-Sequenzen Spaß, über Stock und Stein zu brausen.

Zwischen Himmel und Hölle

Es klingt von Beginn an nach einem abwechslungsreichen und spannenden Konzept. Doch der Teufel steckt wie so oft im Detail. Die klischeehafte Geschichte und die Schwächen bei der Synchronisation (etwa Nazis mit englischem Akzent) fallen dabei weniger ins Gewicht als die technischen Mankos. Die Bilderbuchszenerie wird immer wieder von zahlreichen Darstellungsfehlern durchkreuzt. So kann es passieren, dass Soldaten in der Luft stehend das Feuer eröffnen oder man beim Klettern aus heiterem Himmel die Kontrolle verliert.

Die Inszenierung andererseits ist über weite Strecken überaus geglückt. Das gekonnte Farbspiel sorgt für eine spannende Atmosphäre, die Schlachten - vor allem mit Zeppelins - sind gewaltig. Sowohl Land als auch Stadt geizen nicht mit optischen Reizen.

Fazit

The Saboteur beschert zweifellos viele spannende Stunden und wartet mit guten Ideen, einem fabelhaften Paris und genug "Schwarzweißmalerei" auf, um das Spiel hinter einer ernsten Fassade nicht aus den Augen zu verlieren. Die Aufgaben eines Widerstandskämpfers sind abwechslungsreich und zu bestaunen gibt es auch abseits der Bordells genug. Leider scheint Pandemic immer wieder über die eigenen großen Ambitionen gestolpert zu sein. Das Spiel hätte gewiss noch den einen oder anderen Feinschliff vertragen. Von dem vielversprechenden ersten Erzählungen vor zwei Jahren ist eine solide und zweifellos unterhaltende, aber nicht bewegende B-Movie-Jagd auf Nazis übrig geblieben.

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 13.12.2009)