Eine Bar wie ein Fiebertraum: Für das Tribordo wurde ein Riva Aquarama entzweigeschnitten.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Auch sonst ist fröhliches 80er-Revival angesagt.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Bartolomeo Caccia stammt aus Isola delle Femmine bei Palermo. Das Meer und was dahinter ist, hat er an die Wiege gelegt bekommen. Schiffe sind sein Leben, Schiffsbau war sein Studium, Yachten waren sein Geschäft. Jetzt hat er Anker geworfen, oder genauer: Caccia hat sein Schiff zerschnitten. Okay, vor Sizilien liegt noch ein anderes. Die Riva Aquarama aber, jene Mahagoni gewordene Göttin der Gischt, dient jetzt als Bar im Restaurant, das er vis-à-vis vom Café Drechsler eröffnet hat. So etwas hat man zuletzt in den 1980ern gesehen.

Die zersägte Riva ist natürlich das Prunkstück des "Barristoro Tribordo" (Wirtshaus Steuerbord), aber auch sonst gibt es keinen Mangel an maritimen Collectibles der makabren Sorte. Der Boden aus rarem Irokoholz etwa soll vom italienischen Kreuzfahrtschiff Achille Lauro stammen, das 1985 entführt wurde - und, davon unabhängig, Jahre später sank.

Nicht yachtlike, aber ziemlich 80ies

Vom selben Schiff ist auch die Espressomaschine: Faema E61, eine irre Düsen von 1949, ein Monument italienischer Kulinarmechanik, voll funktionstüchtig, Caffè-Glückseligkeit pur. Auch sonst versetzt einen das Tribordo durchaus beschwingt in vergangene Zeiten.

Die Stahlrohrstühle und Bänke in orangefarbenem Kunstleder sind zwar nicht yachtlike, aber auch ziemlich 80ies. Am allerbesten aber macht sich der frisch aufpolierte Retrostil in der Küche. Die winzige Karte wird täglich variiert, da stehen dann Melanzane di Parmigiana drauf, der geschichtete Klassiker aus gebratener Melanzani, Paradeissauce und Käse: zart, delikat, elegantissimo. Oder Tagliatelle mit geräuchertem Wildlachs und einer Idee frischer Minze, cremig doch nicht schwer, vergessen gut. Oder ganz rustikal gebratene, mit Grand Marnier flambierte Ente auf geschmolzenen sizilianischen Orangen - noch so ein uralter Bekannter. Die Bistecca für zwei Personen ist mit 80 Euro als wahres Festmahl kalkuliert, dafür darf man sich auch toskanische Fleischqualität und kompromissloses Grillrost-Management erwarten. Schlagermusik! (Severin Corti/Der Standard/rondo/11/12/2009)