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Zur Person
Mohamad Nasheed, geb. 1967, ist seit 2008 Präsident der Malediven. Der Exjournalist ist das erste demokratisch gewählte Staatsoberhaupt der Inseln.

Foto: Reuters/Barria

Die Inselstaaten fordern in Kopenhagen ein rechtlich bindendes Abkommen und ein 1,5-Grad-Ziel. Die Fragen stellte Markus Bernath.

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STANDARD: Eine politische Vereinbarung und weitere Verhandlungen 2010 gilt als das bestmögliche Ergebnis in Kopenhagen. Reicht das?

Nasheed: Wir wollen ein rechtlich bindendes Abkommen. Das Ergebnis in Kopenhagen sollte ein Abkommen sein, das hilft, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre auf mindestens 350 Teile pro Millionen zu reduzieren. Jeder Deal in Kopenhagen sollte festlegen, dass die globale Erderwärmung nicht mehr als 1,5 Grad betragen darf. Und er sollte sicherstellen, dass die unmittelbarsten und dringendsten Anpassungsbedürfnisse der am stärksten betroffenen Staaten durch einen Mechanismus finanziert werden, der schnell zugänglich und flexibel ist.

STANDARD: Sie gelten als der neue politische Star der globalen Klimapolitik. Wie nutzen Sie diese Rolle?

Nasheed: Kein Führer der Malediven kann den Klimawandel ignorieren. Es ist kein abstraktes Phänomen, wir erleben die Auswirkungen jeden Tag. Als Präsident der Malediven ist es meine Verantwortung, die globale Aufmerksamkeit auf unsere Notlage zu lenken. Außerdem bedroht Klimawandel die ganze Welt. Wenn man die Malediven heute nicht retten kann, kann man es morgen auch nicht mit London, New York, Hongkong.

STANDARD: Wie ging es Ihnen bei der Kabinettssitzung unter Wasser?

Nasheed: Das war eine Entscheidung des Kabinetts. Wir schätzen, dass über eine Milliarde Menschen die Sitzung gesehen, über sie gehört oder gelesen haben. Es hat zwar Spaß gemacht, aber es hat eine ernsthafte Botschaft unterstrichen. Ich hoffe, die Sitzung hat die Aufmerksamkeit der Menschen auf die Bedrohungen durch den Klimawandel gelenkt. Ich hoffe, einige dieser Menschen fragen ihre eigenen Politiker, was diese tun, um die Klimakrise lösen zu helfen.

STANDARD: Palaus UN-Botschafter hat eine Uno-Resolution nach Kapitel VII der Charta vorgeschlagen, die den Staaten Emissionsziele aufzwingen soll. Sie sprachen von einem "freundlichen Genozid" . Sind die CO2-Emittenten unmoralisch?

Nasheed: Ich will nicht mit dem Finger auf die westlichen Staaten zeigen und sie beschuldigen, die Klimakrise verursacht zu haben. Ich habe ein viel größeres Interesse daran, dass eine Lösung gefunden wird. Wir können die Welt noch retten, indem wir eine umweltfreundlichere Lebensweise annehmen. Zu handeln ist nicht nur ein moralisches Argument. Es ergibt auch ökonomisch Sinn. Ich glaube, dass die Gewinner des 21. Jahrhunderts jene Länder sein werden, die schmutzige fossile Brennstoffe über Bord werfen für erneuerbare Energie und grüne Technologien. Diese Länder werden sich von dem unvorhersagbaren Preis ausländischen Öls befreien. Sie werden den Markt der grünen Zukunftsindustrien anführen.

STANDARD: Der Meeresspiegel steigt, auch wenn wir handeln. Ist die Schlacht für Ihr Land verloren?

Nasheed: Die Schlacht ist nicht verloren. Wir haben die Zeit, die Technologie und die Ressourcen, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen. Ich glaube an die Menschheit und die menschliche Genialität. Ich glaube nicht, dass Menschen selbstmörderisch sind oder der Weg unüberwindbar ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.12.2009)