Es ist kein weiter Weg von Lund nach Kopenhagen und retour. Die kleine südschwedische Stadt mit der größten Universität des Landes verbindet eine direkte Schienenstrecke mit der dänischen Hauptstadt, die in der kommenden Woche zum Klimazentrum des Planeten werden wird. Aus der gerade einmal 40-minütigen Fahrt gibt es nicht allzu viel zu sehen - bis auf einen ziemlich beeindruckenden Off-Shore-Windkraftwerkpark.

Am Donnerstag und Freitag, also unmittelbar vor Eröffnung des Klimagipfels in Kopenhagen, fand in Lund eine Art Vor-Workshop über solche Einrichtungen wie eben diese Windräder statt. Rund fünfzig handverlesene Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und dem Umweltbereich trafen sich nämlich auf Einladung der EU-Initiative Atomium Culture, um darüber zu diskutieren, wie man politisch am besten und schnellsten zu einer Low Carbon Society kommt - also zu einer Gesellschaft, die möglichst wenig fossile Energieträger verbraucht.

Welche Rahmenbedingungen braucht es, um so einen Übergang zu schaffen? Wie gewinnt man die Gesellschaft dafür, dabei mitzumachen? Ist dafür ein ökologisches Analogon zur World Trade Organization nötig, wie der prominente Nasa-Klimaforscher James Hanson kürzlich meinte, der zugleich davon abriet, überhaupt erst nach Kopenhagen zu kommen?

Was aber wäre am besten mit dem ganzen CO2 zu tun, das noch ausgestoßen wird, bevor man diese Umstellung schafft? Auf diese letzte Frage hatten zumindest die drei in Lund anwesenden Experten des Energiemultis Royal Dutch Shell eine kurze und bündige Antwort: CCS. Diese Abkürzung steht für CO2-Abscheidung und -Speicherung (engl. Carbon Dioxide Capture and Storage). Konkret ist damit die Einlagerung insbesondere in unterirdischen Speicherstätten gemeint, die freilich alles andere als unumstritten ist.

Kürzlich erst kam es im niederländischen Barendrecht zu einer Anhörung darüber, ob das leere Gasfeld unter der Kleinstadt für diesen Zweck genützt werden soll. Die Bewohner fühlten sich übergangen und legten sich quer. Erst letzte Woche sprach die zuständige Ministerin ein Machtwort und erlaubte den Versuch - wohl nicht das letzte Wort in der Debatte, wie die niederländische Umweltpolitikexpertin Simona Negro von der Uni Utrecht vermutet.

Als Gegenbeispiel nennt die Forscherin das deutsche Bioenergiedorf Jühnde. Dort setzten sich die Bewohner selbst das Ziel, von fossilen Energieträgern unabhängig zu werden, _und machten ihren Ort zum Musterbeispiel dafür, wie viel sich mit erneuerbaren Energieträgern wie Biomasse und Windturbinen erreichen lässt, wenn die Menschen nur mitmachen.

Mitbestimmung bei der Bevölkerung scheint mithin unumgänglich beim Weg in eine CO2-freie Gesellschaft zu sein. Denn nicht überall kann man Windkraftwerke einfach ins Meer verlegen wie vor der dänischen Küste.
(Klaus Taschwer aus Lund, DER STANDARD/ 5. 12. 2009)