Kärnten: zuerst errichtet eine Clique, die aus einer Mischung von deutschnationalen Vorgestrigen und sonnig-unbedarften Wasserskilehrer-Typen besteht, ein Herrschaftssystem aus unverantwortlichem Umgang mit Geld, Personenkult, Wahlgeschenken an alle und frecher Missachtung aller politischen Kultur und des Rechtsstaates. Das Volk belohnt das mit einem fulminanten Wahlsieg und weint später um die Führerfigur des Ganzen, die sich leider umgebracht hat.

Dann stellt sich langsam heraus, dass die vom Himmel gefallene Sonne Haider und seine teils korrupten, teils schlicht einfältigen Paladine und Helfershelfer das Land finanziell ruiniert haben. Vor allem die wichtigste Bank des Landes ist konkursreif und muss von irgendjemand, vorzugsweise von "denen in Wien" , gerettet werden.

Einschub: Über die Jahre hinweg bin ich immer wieder von honorigen Bürgern mit echter Ratlosigkeit in der Stimme gefragt worden: "Ja, was haben Sie eigentlich gegen den Haider...?" Sehr einfach: Jedem, der seine politisch-historischen Kategorien präsent hatte, musste immer klar sein, dass Jörg Haider ein hemmungsloser Rechtspopulist war, der überall dort, wo er echte Verantwortung bekam, einen riesigen Sauhaufen anrichtete.

Seine Nazi-Prägung spielt da insofern eine Rolle, als er wirklich der Ansicht war, dass das Dritte Reich "eine ordentliche Beschäftigungspolitik" betrieben hatte. Bei ihm reichte es umständehalber allerdings nur zur Phase I der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik: Sozialgeschenke und Volksbelustigungen auf Schulden. Und zu Großmannssucht wie dem Aufblasen der Landeshypo zu einem vermeintlichen Big Player auf dem Balkan.

Haiders Katastrophe ist umso schlimmer, als er ja angetreten war, die "rot-schwarze Diktatur in diesem Land" zu sprengen und alles besser, sauberer zu machen. Er bot die extrem rechte Alternative zu den "Systemparteien" (sein Ausdruck) - lange Zeit erfolgreich. In Kärnten richtete er dann ein "System Haider" ein, das wegen lokaler Prädispositionen (Deutschnationalismus, Provinzialismus, Rückständigkeit im Vergleich etwa zu Norditalien) zum "System Kärnten" wurde.

Hinterblieben in Kärnten sind die Einfältigen und die Gerissenen, die jetzt Opfer sein wollen. Die "rot-schwarzen Bonzen" in Wien sollen sie retten, mit Steuergeld. Sie wollen selbst keinen Beitrag leisten. Aber die Herrschaften (auch die Mittäter von ÖVP und SPÖ) hängen auch bei wirtschaftlichen Entscheidungen mit drin, und hier kommen wir zur Frage der Konsequenzen, die jetzt fällig sind.

Die Kärntner Hypo Alpe Adria bietet das Bild einer "Bawag Süd" . Hier wird man die Justizministerin, die im Fall Bawag als Richterin nur eine Teilaufklärung zustande brachte, nicht aus der Verantwortung entlassen können.

Das andere Thema ist das politisch-wirtschaftlich-geistige "System Kärnten" , das so nicht mehr weiterleben kann. Die Kärntner müssen sich fragen, warum sie auf provinzielle Scharlatane hereingefallen sind und ob sie das weiter tun wollen. Kärnten braucht eine Reformbewegung, aus der Bürgergesellschaft und/oder aus den Parteien abseits des BZÖ. (DER STANDARD-Printausgabe, 5./6. Dezember 2009)