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Amanda Knox berät sich mit ihrem Anwalt Carlo Dalla Vedova während des Mordprozesses am 4. Dezember.

Foto: AP/Stefano Medici

Perugia - Perugia verurteilt seinen mörderischen Engel: Im spektakulären Prozess um die Vergewaltigung und den Mord an einer 22- jährigen britischen Austauschstudentin ist der Schuldspruch gefallen. In der Nacht zum Samstag verurteilte das Geschworenengericht der mittelitalienischen Universitätsstadt die 22-jährige Amerikanerin Amanda Knox - auch bekannt als der "Engel mit den Eisaugen" - zu 26 Jahren Haft. Ihr 25-jähriger italienischer Ex-Freund Raffaele Sollecito wurde zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt, berichteten italienische Medien. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Mit dem Aufschrei "nein, nein, nein" brach die bis dahin kühl und gelassen reagierende Amerikanerin bei der Urteilsverkündung in Tränen aus und fiel ihrem Anwalt Luciano Ghirga in die Arme. Ihr Ex-Freund Raffaele verzog zunächst keine Miene. "Nur Mut, nur Mut, Raffale", rief ihm die Freundin seines Vaters nach, als er nach dem Schuldspruch mit Amanda abgeführt wurde.

Verzweiflung

Nach dem Schuldspruch zeigten sich die beiden Verurteilten in der Strafanstalt von Perugia in der Nacht verzweifelt. "Niemand glaubt mir, dabei habe ich immer die Wahrheit gesagt", sagte die zu 26 Jahren Haft verurteilte Amanda Knox am Samstag im Gespräch mit ihren Rechtsanwälten. Die junge Frau aus Seattle habe die ganze Nacht geweint, berichteten die Rechtsanwälte, die eine verstärkte psychologische Betreuung für die beiden Verurteilten forderten.

Verzweifelt erklärte sich auch Raffaele Sollecito. "Es ist ein Albtraum, wie geht es mit mir jetzt weiter?", wurde Sollecito von seinem Rechtsanwalt Luca Mauri zitiert. Sein Mandant sei sehr niedergeschlagen, er hoffe jedoch auf den Berufungsprozess.

Die Familie der ermordeten Meredith erklärte sich am Samstag über das Urteil zufrieden. "Es gibt aber keinen Grund zum Feiern. Junge Menschen sind wegen dieses Mordes in Haft", sagten die Eltern Merediths bei einer Presseaussendung am Samstag in Perugia. Die Staatsanwälte erklärten, sie wollten keinen Einspruch gegen das Urteil einreichen.

Indizienprozess

Das Urteil war kurz nach Mitternacht verkündet worden, nach über achtstündigen Beratungen. Für die sechs Geschworenen und zwei Richter war es nach einem von Medienrummel überschatteten reinen Indizienprozess schwer, die Wahrheit zu finden. Eine einfache Mehrheit genügte für einen Urteilsspruch. Bei vier zu vier galt "in dubio pro reo" - im Zweifel für die Angeklagten.

Das Pärchen hatte elf Monate wegen Vergewaltigung und Mord an der 22-jährigen Britin Meredith Kercher in der mittelitalienischen Universitätsstadt vor Gericht gestanden. Beide hatten stets ihre Unschuld betont. Wegen desselben Verbrechens war 2008 bereits der Ivorer Rudy Guede in einem verkürzten Verfahren zu 30 Jahren Haft verurteilt worden.

Wohnungskollegin

Die Austauschstudentin war am 2. November 2007 halbnackt, von Dutzenden Messerstichen übersät und mit durchschnittener Kehle in ihrer Wohnung in Perugia gefunden worden, die sie gemeinsam mit der US-Studentin und zwei Italienerinnen in der Universitätsstadt Perugia bewohnte.

Laut Anklage sollen Amanda und Raffaele unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen die Britin erstochen haben, während sie von Rudy Guede festgehalten wurde. Auch er hatte auf unschuldig plädiert, inzwischen hat er Berufung eingelegt. (APA/Reuters)