Erst als ich mit Lucy Liu auf dem "red carpet" stand, bekam ich einen Zipfel der Geschichte zu fassen. Ich sah sie nicht. Dabei war ich bereits mehr als 24 Stunden in Miami, hatte im Fontainebleau Quartier bezogen, hatte versucht, mich auf das Auto einzustimmen. Es gelang nicht. Ich ging auf dem Strand spazieren, war in der Aventura Mall shoppen, begab mich an den Pool und in den Pool, schlenderte über den Ocean Drive, am Abend spielte Al Di Meola. Von Auto und Geschichte keine Spur

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Eine Ahnung der Geschichte bekam ich, als ich mit Lucy Liu auf dem roten Teppich stand. Eigentlich stand ich nicht mit ihr, sondern neben ihr, und das veranlasste eine Horde wildgewordener Fotografen zu Wutgeschrei und unflätigsten Ausdrücken: Ich Wappler möge mich gefälligst sofort schleichen, teilten sie mir mit, sinngemäß. Ich stünde im Bild. Jedenfalls im Weg. Lucy Liu hatte unglaublich hohe Schuhe an, geschätzte 30 Zentimeter Absatz, aber schließlich war ich es, der strauchelte, Lucy Liu warf mir noch einen warmherzigen, aufmunternden Augenaufschlag zu, dann stolperte ich vom roten Teppich in die Halle hinein.

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In eine frisch errichtete Halle, direkt am Meer, beste Lage Miami Beach. Diese Halle hat samt Event an diesem Abend des 30. November zehn Millionen Euro gekostet. So wurde es von berufener Stelle gemunkelt. Die Halle wird übrigens wieder abgerissen.

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An diesem Abend aber: Weltpremiere! Bis auf den letzten Platz besetzt. Etwa tausend Leute. 600 bis 700 Journalisten aus aller Welt. Sonst noch wichtige Leute aus Miami, viele davon aus der Kunstszene, Audi ist Sponsor der Art Basel Miami Beach (sprich Art Bäsel), eine der wichtigsten Kunstmessen überhaupt. Dazu noch jede Menge 1A-Schickimickis aus Miami, was sich in weiteren atemberaubenden High Heels und in nicht minder beeindruckend prall gefüllten Dekolletés manifestierte. Manche der Begleiter hatten immerhin lustige Jacketts an, sonst dürfte sich das, was an ihnen beeindruckend ist, aber im Fuhrpark, am Immobilienmarkt oder auf dem Bankkonto abspielen.

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Jetzt aber Präsentation, Dunkelheit legt sich über die Halle, Lucy Liu steht auf der Bühne, sie macht die Präsentation, ich sitze in der letzten Reihe, warte auf das Auto. Die Moderation war prächtig, Lucy Liu macht das wirklich gut, auch wenn viele heimlich wohl auf ihre Schuhe geschielt haben. Letztendlich wurden aber auf der Bühne doch zu viele und zu lange Reden gehalten, das war dem Spannungsbogen nicht hilfreich, manch einer ermüdet schon vor dem Höhepunkt, aber Audi-Chef Rupert Stadler sagte, dieses Auto sei die Zukunft der gerade erst hundertjährigen Marke, dann fuhr der neue A8 endlich auf die Bühne, zweimal gleich.

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Die Audi-Leute fielen sich gerührt in die Arme, manche hatten sicher Tränen in den Augen: Es ist Weltpremiere.

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Das ist auch schon die Geschichte, aber sie lässt sich nur schwer erzählen, weil diese Limousine kein Angeberauto ist, sondern still und bescheiden. Audi setzt beim A8 auf das Schlichte und Elegante, auf das Understatement, den feinen Luxus, das macht das Wesen dieser Limousine aus.

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Das Auto ist toll, keine Frage, besser, schneller, innovativer und sparsamer als je zuvor, aber im Grunde stand eben ein unspektakuläres, fast braves Auto auf der Bühne, dessen Ahs und Ohs man erst in den Details suchen muss.

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Dennoch stürzten die Journalisten an Lucy Liu vorbei auf die Bühne, um das Auto in Betracht zu nehmen, die Blinker zu bewundern und das Lenkrad anzufassen. Ich stellte mich dagegen zu Lucy und bedankte mich bei ihr, dass sie zuerst so nett war. Sie schaute mich ratlos an, dann drängten mich die Bodyguards ab.

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PS: Wir werden rechtzeitig und ausführlich über die ersten Fahrereindrücke berichten, sobald wir sie gemacht haben. Aber das ist eine andere Geschichte. (Michael Völker/DER STANDARD/Automobil/4.12.2009)

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