Ein weltberühmtes Standfoto aus Charles Chaplins "The Circus" von 1928 ist das mit dem Löwenkäfig.
Unterspielt wird dabei, finden wir, sein Tete-a-tete mit den Zirkusäffchen, ...

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

... das gleich in mehreren Phasen vom Set-Fotografen eingefangen wurde - mit dem geringfügig beeinträchtigten  Drahtseilakt als dessen dramaturgischen Höhepunkt.

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

Chaplins Regiekarriere bestand aus hektischen Anfangsjahren, in denen Filme wie am Fließband entstehen mussten - und bereits ab 1920, also relativ früh, aus Projekten, denen er sich längerfristig und detailverliebt widmen konnte. Hier eine Drehpause von "The Gold Rush".

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

Wichtiges historisches Faktum ist, dass Chaplin 1919, gerade 30-jährig, quasi die erste Arthouse-Produktionsfirma mitbegründete - die "United Artists", gemeinsam mit Mary Pickford, Douglas Fairbanks, D.W. Griffith u.a. 

Unbekannt ist, dass er lange Jahre im Geheimen an einem großen Filmprojekt über Napoleon gearbeitet hat. Ein ein einschlägiges Testfoto sei vorausgeschickt. Genaueres erzählt die Chaplin-Forscherin Cecilia Cenciarelli (Cineteca di Bologna) am Freitag, 4.12., 18:00, im Filmmuseum bei freiem Eintritt in ihrem Vortrag "Charlie Chaplin's secret 'Napoleon' or: The Untold Story of a 'Pacifist Conqueror'"

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

Tonmänner gab es noch nicht, für den Lärmpegel gab es keine Obergrenzen, auch nicht für die Dichte der Set-Besuche. Dreharbeiten im Hollwood der Stummfilmjahre kann man sich getrost als Mischung aus Glamour und Improvisations-Chaos vorstellen.  Keine Fakten liegen vor, woher der Gentleman links seinen Hangover bezog.

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

Es ist ein Standfoto - aus "A Day's Pleasure", 1919, mit seinen Gag-Kaskaden auf einem Ausflugsboot -, aber an dieser Stelle erhält es das Prädikat Sozialrealismus, ...

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

... wie auch  die noch jungen, noch keiner Industrieartigkeit unterworfenen Branchen von Stunt und Statisterie für zahlreiche schräge Momente sorgen - von denen Kadervergrößerungen wie diese (aus demselben Film) zumindest eine Ahnung vermitteln können.

Foto: Filmmuseum

1918 entstand "A Dog's Life" - und die überlieferten Werbefotos lassen wenig Zweifel daran, wer hier der Titelheld ist.
Im Hintergrund des Publicity-bewussten Vierbeiners sein Regisseur und Co-Star.

Chaplins betont schüchternes Lächeln und die puppenhafte Schönheit seines Love-Interests (hier: Edna Purviance) sind die Standard-Ingredienzien bezüglich "Der Tramp und die Frauen".

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

Geradezu ironisch wirkt in diesem Szenenfoto aus "City Lights" (1931), wie unbeirrbar traurig der Harlekin bleiben muss, obwohl das Studio so viel junges weibliches Personal aufgeboten hat. Weil die Eine, seine Colombine, nicht darunter ist.

Foto: Filmmuseum / Stadtkino

Und retrospektiv verwundert es nicht, dass es Chaplin  eine große Freude machte, sich selbst einmal als einen überdimensionalen Wüstling zu inszenieren. 1947, mit dem tiefschwarzen "Monsier Verdoux" über einen Serien-Mörder und -Erbschleicher auf Basis eines realen Falls, war es so weit. Zeitgenossen waren not amused.

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

Doch es musste nicht immer Romantik-lastig sein: Für das Dreieck aus kleinem Charlie, unförmigem Opponenten und fragilem Fräulein fanden sich auch beilaufig komische Ausformulierungen - vor allem im Frühwerk, hier im in mehrerer Hinsicht gendermäßig erstaunlich modernen "Behind the Screen" von 1916. 

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

Ein Tramp auf Landpartie - oder: wozu Traumsequenzen nicht alles gut sind -: "Sunnyside" (1916), mit seiner Parodie auf  "L'après-midi d'un faune" (Mallarmé, vertont von Debussy, Ballett von Nijinsky)

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

Auch das geradeaus Garstige hatte Chaplin in seinem Repertoire, hier in "Between Showers" von Henry Lehrman (1914), also unmittelbar zu Filmkarrierenbeginn, ...

Foto: Filmmuseum / BFI

... oder in einer Szene seines den Militärpathos des 1. Weltkriegs bloßstellenden "Shoulder Arms"  von 1918.
Überhaupt, wenn Chaplin sich in Uniform warf ...

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

...dann konnte er bei seinen Slapstick-Einlagen schon mal richtig rabiat werden, wie hier 1917 als unorthodoxer Police Officer in "Easy Street".

Foto: Filmmuseum

Und auch als er in seinen späten Jahren primär multipler Familienvater war - hier mit Gattin Oona O'Neill auf einem französischen Flughafen -, blitzte davon noch was durch: als Beleg seine Cameos als Zimmerkellner in "A Countess From Hong Kong" (1967).

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

Denn erst mit "Limelight" (1952) bemühte sich Chaplin nachdrücklich zu vermitteln, dass er im Grund einem ziemlich wüsten Backgrund entstammt - der Rückblick auf die Vaudeville-Welt des Nord-Londons der Jahrhundertwende ließ bei aller Gefühlsbetontheit wenig Zweifel, dass dies eine toughe Welt war.

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

Und der Vaudeville-Anteil ist ein bei Chaplin unterschätzter. "Dekadenz"-Szenen wie  hier in "The Count" (1916) sind eher rar, aber stets ein Genuss (allein der Statist links im Bild - Jesus!), ...

Foto: Filmmuseum

... und der Frackzylinder steht dem Tramp weit besser, als sein ach so unschuldiger Blick weismachen möchte.
"The Idle Class" (1921) ergibt en passant auch eine feine Stummfilm-Modeschau, ... 

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

... ein weites Feld: Kombinationen aus Schwarz und Weiß dehnen Geschmacksgrenzen.
"The Fireman" als Geschmackspolizist in Hutfragen (1917).

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

Und in "A Woman of Paris" (1923, mit Edna Purviance und Adolphe Menjou) hat Chaplin wohl  berücksichtigt, dass sich in den Rahmen von Frauen-Melodramen gewagte Nachtclubszenen wie Hutmodelle famos einpassen lassen.

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.

Zweimal "Modern Times" (1936) zum Finale: Oben ein Still, das Filmstudios wegen dessen Bananen-Innuendos heutzutage wohl kaum mehr veröffentlichen würden, und unten die epische, westernhafte Utopie der Schlusseinstellung.
See you again at the Screenings!

Spieldaten der genannte Filme im Rahmen der Retrospektive "Charles Chaplin. Das Gesamtwerk" im Österreichischen Filmmuseum von 2.12.2009 bis 7.1.2010: www.Filmmuseum.at

Foto: Filmmuseum / Roy Export S.A.S.