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Henderson, dem der Ruf eines erfahrenen Krisenmanagers vorauseilt, stieg 1984 bei Opel ein.

Foto: AP/Sancuya

Washington/Frankfurt - Bei Opel herrscht derzeit Unsicherheit - vor allem über die künftige Entwicklung. GM-Chef Fritz Henderson war gestern Abend - laut Insidern nicht ganz überraschend - ins Ausgedinge verabschiedet worden. Die Bedeutung des Machtwechsels an der Spitze der Konzernmutter für das Europageschäft sei nur schwer einschätzbar, sagte der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel: Mit Henderson scheide ein Kenner des Europageschäfts aus dem Amt: "Er kannte die verschiedenen Standorte. Er kannte die Denke der Europäer in der Frage der Modellpolitik und konnte vielleicht auch nachvollziehen, welche Vorstellung wir haben in Richtung einer eigenständigen Politik", so der oberste Betriebsrat. Henderson war von Mitte 2004 bis Ende 2005 eineinhalb Jahre lang Chef von GM-Europe in Zürich und galt daher als Hoffnungsträger für eine Eigenständigkeit von Opel.

Die Linie von Nachfolger Ed Whitacre sei schwer einzuschätzen, so Einenkel. Dennoch hätten die Arbeitnehmervertreter die Hoffnung, dass auch der GM-Verwaltungsratschef eine eigenständige Modellpolitik von Opel befürworte. Allerdings ließ das Board unter Führung von Whitacre den bereits eingefädelten und von Henderson unterstützten Verkauf von Opel an den austro-kanadischen Zulieferer Magna in letzter Sekunde platzen.

Übergangslösung

Der bisherige GM-Verwaltungsratschef Ed Whitacre, tritt nur vorläufig an die Spitze des krisengeschüttelten Automobilkonzerns. Whitacre gab am Dienstag bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz in Detroit bekannt, dass Henderson zurücktritt.

Henderson habe eine "bemerkenswerte" Leistung vollbracht, indem er das Unternehmen durch eine "außerordentlich schwierige Zeit" geführt habe, sagte Whitacre. Allerdings seien sich am Dienstag "alle einig gewesen, dass einige Änderungen erforderlich sind". Bis auf weiteres werde er die Unternehmensleitung übernehmen, fügte Whitacre hinzu. Es werde jedoch nach einem neuen Chef gesucht.

Starker Mann

Whitacre gilt schon seit Monaten als starker Mann bei GM und kam Henderson mehrfach in die Quere. So zählte der Verwaltungsratschef von vornherein zu den Gegnern des Opel-Verkaufs an den kanadisch-österreichischen Zulieferer Magna, Henderson zu den Befürwortern. Letztlich obsiegte der von Obama eingesetzte Chefkontrolleur. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht den Chefwechsel mit Skepsis: Whitacre, der frühere Chef des Telekomkonzerns AT&T, habe keinerlei Erfahrung im Automobil-Geschäft: "Seine Welt ist Telekommunikation." Es gelinge dem Verwaltungsratschef offenbar nicht, geeignete Manager für die Sanierung zu finden. "Damit werden auch für Opel die Risiken eher größer als kleiner", sagte Dudenhöffer.

Henderson übernahm die Konzernspitze Ende März, als der damalige Unternehmenschef Rick Wagoner angesichts der bevorstehenden Insolvenz zum Rücktritt veranlasst wurde. General Motors ist seit Monaten damit beschäftigt, die Geschäfte neu zu ordnen. Davon betroffen sind unter anderem die deutsche GM-Tochter Opel und die schwedische Tochter Saab.

"Fix-it-Fritz"

Der 51-Jährige mit dem Spitznamen "Fix-it-Fritz" (Bring es in Ordnung, Fritz) sollte GM wieder auf Kurs bringen, konnte den Autobauer aber nicht vor der Insolvenz retten: In seine Amtszeit fiel im Juni mit dem Konkurs des 101 Jahre alten Traditionskonzerns der größte Bankrott in der Geschichte der US-Industrie.

Vor seiner Berufung auf den Chefposten war Henderson als Chief Operating Officer im GM-Vorstand für das Tagesgeschäft verantwortlich. Bis 2005 war er Chef von GM Europe mit den Marken Opel, Vauxhall und Saab. In seine Zeit fällt der Umbau des Europageschäfts verbunden mit Kostensenkungen und dem Abbau von allein 9.500 Stellen bei Opel.

Henderson, dem der Ruf eines erfahrenen Krisenmanagers vorauseilt, stieg 1984 bei Opel ein und verbrachte verschiedene Stationen im Ausland. Anfang 2006 holte ihn Wagoner als Finanzvorstand an den GM-Firmensitz in Detroit zurück. (APA/AP/red)