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Hunderte Siemens-Mitarbeiter protestierten am Mittwoch in München mit Trommeln und Trillerpfeifen gegen den Stellenabbau beim größten deutschen Elektrokonzern.

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München - Nach dem überraschenden Vergleich mit dem früheren Konzernchef Heinrich von Pierer hat sich Siemens nahezu mit der gesamten früheren Vorstandsriege über Schadenersatzzahlungen im Schmiergeldskandal geeinigt. Neben dem Vergleich mit Pierer habe der Aufsichtsrat auch Einigungen mit dem früheren Siemens-Chef Klaus Kleinfeld, den Exvorständen Johannes Feldmayer, Uriel Sharef und Jürgen Radomski sowie mit dem früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Karl-Hermann Baumann erzielt, teilte der Konzern am Mittwoch in München mit.

Damit ist eine Klage gegen diese Manager hinfällig. Eine solche droht Exfinanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger und Exmanager Thomas Ganswindt. Mit ihnen gibt es keine Einigung, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Allen betroffenen Managern wirft Siemens vor, die Entstehung eines Schmiergeldsystems durch mangelnde Kontrolle begünstigt zu haben.

Details über die Höhe der Zahlungen nannte Siemens nicht. Laut Konzernkreisen soll Pierer mit fünf Mio. Euro den höchsten Betrag zahlen. Sein Nachfolger an der Siemens-Spitze und jetzige Chef des US-Konzerns Alcoa, Klaus Kleinfeld, soll zwei Mio. Euro zahlen, Exvorstand Uriel Sharef vier, Radomski und Feldmayer jeweils drei und Baumann eine Mio. Euro.

Vergleichsvereinbarungen

Mit Klaus Wucherer, Rudi Lamprecht und Edward Krubasik hatte sich Siemens Ende August auf die Zahlung von je 500.000 Euro geeinigt. Damit hat Siemens mit insgesamt neun Managern Vergleichsvereinbarungen erzielt, denen die Hauptversammlung am 26. Jänner zustimmen muss. Mit den jetzt erzielten Einigungen holt sich der Konzern insgesamt 19,5 Mio. Euro und damit weniger als ein Prozent der Schadenssumme wieder.

Exfinanzvorstand Neubürger und Exmanager Ganswindt könnte bald Ungemach drohen. Siemens erinnerte, dass der Aufsichtsrat bereits im September beschlossen habe, "gegen frühere Organmitglieder, mit denen keine Einigung über einen Vergleichsvorschlag zur Vorlage an die Hauptversammlung im Jänner 2010 erzielt wird, der Rechtslage entsprechend, Klage zu erheben."

Vom früheren Vorstand Günter Wilhelm verlangt Siemens in der Affäre um verdeckte Zahlungen an die Gewerkschaft AUB Schadenersatz. Hier solle eine Einigung erst nach Abschluss der noch laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen versucht werden.

Derzeit laufen bei der Münchner Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Siemens-Affäre noch fünf Ordnungswidrigkeitsverfahren, darunter auch gegen Ex-Siemens-Chef von Pierer. Er stand zunächst von 1992 bis 2005 an der Spitze des Siemens-Konzerns, anschließend war er bis April 2007 Aufsichtsratschef. Den früheren Managern drohen Bußgelder. Ihnen wird Verletzung der Aufsichtspflicht vorgeworfen.

Die Siemens-Affäre war im November 2006 infolge einer Großrazzia ins Rollen gekommen. Staatsanwälte und interne Ermittler deckten dubiose Zahlungen in Höhe von 1,4 Mrd. Euro auf. Die Affäre hat Siemens inklusive Beraterkosten und einer Kartellstrafe mindestens 2,5 Mrd. Euro gekostet.

Hunderte Siemensianer protestierten am Mittwoch in München gegen Jobstreichungen. (AP, red, DER STANDARD, Printausgabe, 3.12.2009)