Wien - Israel hat in den letzten Jahren als Exporteur hochkarätiger junger Jazztalente auf sich aufmerksam gemacht: Sängerin Efrat Alony in Berlin, Pianist Yaron Herman in Paris, gleich zwei Musiker mit Namen Avishai Cohen in New York: Der Bassist aus Jerusalem erfreut sich dabei eines ungleich größeren Bekanntheitsgrades als der gleichnamige Trompeter aus Tel Aviv. Chick Corea berief Ersteren, den Bassisten, 1996 in seine Band, wo sich der heute 39-Jährige virtuos in den Vordergrund spielte.

Kürzlich nach Israel zurückgekehrt, hat Avishai Cohen zuletzt auch musikalisch zu den Wurzeln zurückgefunden. Im Rahmen des aktuellen Albums Aurora (Blue Note / EMI) verschmilzt er jazzige, klassische und nahöstliche Einflüsse, irritiert dabei allerdings mit Gesangseinlagen, die in ihrer unbedarften Unschuld an das israelische Pendant zur hiesigen Jungschar denken lassen.

Im Live-Kontext weiß dieser Mann indessen genau, was er tut, man hört: Cohen ist in New York auch zum umsichtigen Bandleader gereift, der mit wuchtigen, präzisen Basstönen ein Ensemble zu lenken weiß, ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Klavier (der erst 22-jährige Shai Maestro), Oud (Amos Hoffman), Bass und Perkussion (Itamar Doari) erzeugten einen hellen, kammermusikalischen, dabei überaus kompakten Ensembleklang, den Cohen mit Groove versorgte.

Improvisationen? Sie verstanden sich als Teil der kollektiv fließenden Musikbewegung. Auch die vokalen Einlagen Cohens und Karen Malkas fügten sich so organisch wie dezent als aparte, lyrische Farbe in den Gruppensound - muteten wie ein zweistimmiger Bläsersatz an. Verflachungsgefahr lauerte - etwa im sephardischen Morenika - nur dann, wenn der Gesang die Hauptrolle zu übernehmen trachtete: Das waren jedoch nur rare Momente, für die Avishai Cohen gottlob auch mit kraftvoll-präzisen und schlüssig entwickelten Bass-Soli entschädigte. Standing Ovations! (Andreas Felber/DER STANDARD, Printausgabe, 2. 12. 2009)