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Peregrina bietet auch Bildungsberatung an.

Foto: APA

2009 feierte Peregrina sein 25-jähriges Bestehen, seit 1984 besteht das Beratungs-, Therapie- und Bildungszentrum für Immigrantinnen. Der Verein, der von der Stadt Wien, dem Bund, durch EU-Förderungen und zu einem kleinen Teil auch von Spenden finanziert wird, hat es sich zum Ziel gesetzt, rechtliche, psychische und auch sprachliche Unterstützung für Migrantinnen zu bieten. Eine Unterstützung, die dringend nötig ist, denn die Lebenssituationen für Migrantinnen haben sich in Österreich in den letzten Jahren alles andere als verbessert. "Vor allem die Anzahl der Frauen, die wegen finanzieller Probleme zu uns kommen, ist gestiegen", so Gamze Ongan, Obfrau von Peregrina, gegenüber dieStandard.at.

Armutsgefährdung

"Wir führen intern eine Statistik, die zeigt uns, dass die Anfragen von Frauen wegen finanzieller Probleme von 6 auf 21 Prozent gestiegen sind, die Armutsgefährdung von Frauen und Alleinerziehenden ist gestiegen", so Ongan. Aber auch in puncto Aufenthaltsrechte wenden sich viele Frauen an Peregrina, die den Weg dorthin über Mundpropaganda, andere Beratungseinrichtungen, Schulen oder Ärzte und Ärztinnen finden. Bei der Fremdengesetzgebung ist es ein Problem, dass es ständig Änderungen und Novellierungen gibt, erklärt Ongan, "selbst Juristinnen müssen sich da immer wieder intensiv einarbeiten". Die Schwierigkeiten für Nicht-Fachfrauen, sich mit dem Fremdenrecht auszukennen, sind daher groß. 

Probleme bereitet Frauen auch das Aufenthaltsrecht, das oft vom Ehemann abhängig ist, denn bei einer Scheidung und Trennung kann der Aufenthaltsgrund wegfallen. "Der Aufenthaltsstatus von Frauen ist oft der der 'Ehefrau', wenn dieser Status wegfällt, kann der Aufenthalt bedroht sein", erklärt Gamze Ongan. Somit drehen sich die Anfragen auch um Scheidungen. Weitere Problemfelder mit denen sich Frauen an das Beratungszentrum wenden sind der Zugang zum Arbeitsmarkt und Wohnen, aber auch Bildungsberatung wird von vielen Migrantinnen in Anspruch genommen.

Diskursive Gewalt

Im Gegensatz zu den finanziellen Schwierigkeiten von Migrantinnen wurde vom Verein kein Anstieg von körperlicher Gewalt verzeichnet, die Anfragen diesbezüglich sind laut Gamze Ongan konstant bei 6 bis 7 Prozent. Allerdings: "Dieser Aspekt wird in der Öffentlichkeit sehr stark thematisiert, was die Folge hat, dass andere Probleme in den Hintergrund treten und strukturelle Bedingungen - an denen auch konkret gearbeitet werden könnte - werden so verschleiert", so die Einschätzung der Peregrina-Obfrau.

Gamze Ongan nennt aber eine andere Form der Gewalt, die in den letzten Jahren sehr zugenommen hat: Die diskursive Gewalt gegen Migrantinnen. "Die Art, wie über Migrantinnen gesprochen wird, hat sich vor allem seit 2005 verändert. Migrantinnen tauchen im öffentlichen Diskurs vorwiegend als unterdrückte Frauen auf, auch wird von Migrantinnen automatisch als Musliminnen gesprochen. Migrantinnen werden als zwangsverheiratete, unterdrückte Frauen in den Vordergrund gerückt, andere scheint es im öffentlichen Diskurs nicht zu geben, das ist eine Diffamierung von Migrantinnen", so Ongan. Sie sieht als mögliche Ursache die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei 2005 und auch der von der damaligen Frauenministerin Maria Rauch-Kallat aufgebrachte Begriff der "traditionsbedingten Gewalt" habe zu dieser Entwicklung beigetragen.

Der tendenziösen Rede über Migrantinnen, die durch solche Begriffe forciert wird, stellt sich Peregrina entgegen. Das Zentrum setzt sich neben den Beratungstätigkeiten durch Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit entschieden gegen institutionalisierte Diskriminierung und diskursive Gewalt gegen Migrantinnen ein. (beaha, dieStandard.at, 02.12.2009)