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Die Regelung in Berlin ist die für den Einzelhandel großzügigste in ganz Deutschland. In Berlin dürfen bisher die Läden an allen vier Adventssonntagen zwischen 13 und 20 Uhr öffnen.

Foto: Reuters/Bensch

Karlsruhe - Die Geschäfte in Berlin dürfen nicht an den Adventsonntagen öffnen. Die Regelung verletze die Religionsfreiheit und sei daher nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, entschied das deutsche Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag verkündeten Urteil. Damit gab das Gericht zum Teil Klagen der Evangelischen und der Katholischen Kirche statt. Dieses Jahr dürfen die Läden jedoch noch an den Adventsonntagen geöffnet haben. (Az.: 1 BvR 2857/07 u.a.)

In Berlin können nach dem Urteil die Geschäfte zwar weiterhin an acht Sonntagen öffnen, aber nicht direkt aufeinanderfolgend. In der Adventzeit sind damit maximal zwei geöffnete Sonntage möglich. Neben den acht offenen Sonntagen können Berliner Händler zwei weitere für Straßenfeste oder Jubiläen beantragen.

2006 war die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Ladenöffnungszeiten im Zuge der Föderalismusreform vom Bund auf die Länder übergegangen. Berlin entschied sich dabei im Vergleich zu den anderen Ländern für die großzügigste Regelung. Die Hauptstadt erlaubte dem gesamten Einzelhandel, an insgesamt zehn Sonn- und Feiertagen zu öffnen, darunter auch an allen vier Adventsonntagen. Die meisten anderen Länder gestatten Ladenöffnungen nur an insgesamt vier Sonn- und Feiertagen. In Baden-Württemberg sind es drei, in Brandenburg sechs Sonn- und Feiertage, an denen die Geschäfte öffnen dürfen.

Sonn- und Feiertage

Die weitgehenden Regelungen in Berlin stünden mit der Gewährleistung der Arbeitsruhe an Sonn-und Feiertagen nicht im Einklang, hieß es im Urteil. An den Sonn-und Feiertagen soll grundsätzlich die Geschäftstätigkeit in Form der Erwerbstätigkeit, insbesondere der Verrichtung abhängiger Tätigkeit ruhen", sagte Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier in der Urteilsbegründung. Damit könne der Einzelne diese Zeit allein oder in der Gesellschaft anderer ohne Beanspruchung durch "werkstägliche Verrichtungen" nutzen.

Ausnahmen müssten für die Bevölkerung erkennbar sein und dürften nur bei Vorliegen eines dem Sonntagsschutz vorliegenden Sachgrundes gemacht werden. Bloße wirtschaftliche Interessen der Geschäftsinhaber und das Interesse der Kunden am Kaufen genügten dafür nicht.

Kläger und Gewerkschaft zufrieden

Die Kläger begrüßten das Urteil. Der evangelische Bischof Markus Dröge sagte, die höchstrichterliche Entscheidung sei wichtig für die deutsche Kultur. Das Gericht habe den Menschen in den Vordergrund gestellt und klar gemacht, dass es legitime Gründe für verkaufsoffene Sonntage geben müsse. Der katholische Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky sagte, die Richter hätten daran erinnert, dass der Staat eine Schutzpflicht gegenüber seinen Bürgern habe. Die Sonntage seien demnach sei wichtig für Kirche und Gesellschaft und müssten grundsätzlich für die Religionsausübung und die seelische wie gesundheitliche Erholung frei bleiben. Die Wirtschaft komme jetzt nicht schlechter weg, sie müsse sich nur anders organisieren.

Auch die Gewerkschaft Verdi begrüßte das Urteil. Millionen Beschäftigte im Einzelhandel und ihre Familien könnten den Sonntag nun gemeinsam genießen, sagte die stellvertretende Verdi-vorsitzende Margret Mönig-Raane.

Der Hauptverband des Einzelhandels HDE reagierte gelassen auf den Spruch der Karlsruher Richter: "Wir sind nicht geschockt, wir können mit dem Urteil leben", sagte HDE-Sprecher Hubertus Pellengahr. (APA)