Tjinder Singh, Chef der britischen Band Cornershop, hier einmal weniger faul und mit Gitarre behängt.

Foto: Christian Fischer

Wien - Tjinder Singh agiert auf der Bühne wie ein sanfter Patriarch. Ein bisserl faul, ein wenig kontrollierend, aber milde gestimmt. Während seine sechsköpfige Band Cornershop am Freitagabend in der Wiener Arena Partystimmung verbreitete, griff der Brite mit den Elvis-Koteletten selbst eher selten in die Saiten. Er rezitierte lieber seine Songtexte und beschäftigte sich seriell mit Mineralwasserflaschen. Irgendwie muss man sich ja betätigen. Im Sakko über einer gewagten Deutung eines Country-Hemds, das sein Bäuchlein gut betonte, wirkte er, als habe er eben die Tageseinnahmen in seinem Laden abgerechnet, den Cornershop abgeschlossen und fröne nun seinem Feierabendprogramm, dem Musizieren mit ein paar Kumpels.

Dieser zurückgelehnte Nebenbei-Charakter macht die Musik von Cornershop so charmant. Auch wenn dabei die Post abgeht!

Bekannt geworden war die Band 1997 mit dem Song Brimful Of Asha, einem infizierenden Pop-Song mit Sixties-Referenzen, der sich über eine Million Mal verkauft hatte. Das Stück stammte von dem Album When I Was Born for the 7th Time, das mit einer Mischung aus Pop, Dancefloor und indischer Musik für Furore sorgte. Die Songs dieses Albums waren die vom Publikum immer noch am freudigsten empfangenen. Etwa eine in Punjabi vorgetragene Version des Beatles-Songs Norwegian Wood (This Bird Has Flown) oder Sleep On The Left Side, in denen die für Cornershop typische Sitar einschlägige Stimmung und Atmosphäre verbreitete. Die Dancefloor-Affinität der Band machte sich durch den Dauereinsatz eines alten analogen Korg-Synthesizers bemerkbar, der zischelte und quietschte. Auch Mädchenchöre kamen aus der elektronischen Trickkiste - was den Bassisten immer wieder zum Lachen brachte.

Derartig charmierend ging natürlich alles. Sogar der alte Sixties-Hit Mighty Quinn von Manfred Mann - aus der Feder von Bob Dylan - klang hier nicht nach nostalgischer Verlegenheit, sondern fügte sich bestens ins Set ein, in dem auch Songs des aktuellen Albums Judy Sucks A Lemon For Breakfast gespielt wurden, die eine feiste wie wackelige Hammond-Orgel vorantrieb. Das Publikum war entzückt.

Zu einer Zugabe ließ man sich dann aber doch nicht hinreißen. Möglich, dass Singh noch zum Karlsplatz musste, wo der FM4-Redakteur Robert Rotifer seine neue CD vorstellte. Immerhin hatte Rotifer Singh in Österreich bekannt gemacht und Singh hatte im Konzert erwähnt, dass Rotifer leider nicht da sein könnte, weil er einen eigenen Gig habe. So oder so: ein großer Abend! (Karl Fluch, DER STANDARD/Printausgabe, 30.11.2009)