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Schloss Hartheim

Foto: APA/Rohrhofer

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Zeitzeuge Franz Schuhmann

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Linz - Auch nach fast sechzig Jahren sind in Hartheim in Oberösterreich die Schatten der Vergangenheit als Schauplatz einer unvergleichlichen nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie noch spürbar. Ort der Nazi-Gräueltaten war über Jahre das inmitten des Dorfes Hartheim (Bez. Eferding) stehende malerische Renaissanceschloss. Bis zum Jahre 1940 herrschte dort eine ländliche Idylle - dann war plötzlich alles anders. Augenzeugen stehen auch heute noch unter dem Eindruck der Ereignisse, der Schock sitzt immer noch tief. Dieses dunkle Kapitel oberösterreichischer Zeitgeschichte ist ab Anfang Mai auch Teil der Ausstellung "Wert des Lebens".

Das etwa 20 Kilometer westlich von Linz gelegene Schloss war von 1940 bis 1944 eine von sechs Tötungsanstalten innerhalb des damaligen deutschen Reichsgebietes, in denen das nationalsozialistische Euthanasieprogramm umgesetzt wurde. Über 30.000 Menschen, die als "lebensunwertes Leben" eingestuft worden waren, wurden dort ermordet.

"Nachbar des Grauens"

Der heute 80-jährige Hartheimer Franz Schuhmann kennt all diese geschichtlichen "Hardfacts", weiß von den Tausenden Toten, die in den Gaskammern umkamen - er hat die Namen der damals verantwortlichen "Tötungsärzte" im nachhinein gehört oder gelesen, hat den Krieg erlebt wie fast alle seiner Generation. Und doch hat er die NS-Gräuel noch authentischer gespürt als manch anderer. Franz Schuhmann ist unmittelbar neben dem Hartheimer Schloss aufgewachsen.

Er hat zwar gelernt damit zu leben, dass er quasi als "Nachbar des Grauens" nur einen Steinwurf entfernt vom Schloss wohnte, doch vergessen wird er die schrecklichen Bilder wohl nie. Frühjahr 2003: Franz Schuhmann sitzt im Garten seines Hauses, sein Blick schweift auf die hohen Mauern des Schlosses, er hält plötzlich inne und beginnt zu erzählen: "Dort war der Schornstein, fast immer hat`s da rausgeraucht !"

Geheimhaltung

Besonders schlimm sei es bei einer Niederdruckwetterlage gewesen: "Der fettige Ruß hat sich auch durch die geschlossenen Fenster in den Wohnräumen ausgebreitet, das ganze Gemüse im Garten war voll davon - fast immer hat es nach verbranntem Fleisch gerochen." Natürlich habe man von Anfang an gewusst, was da im Schloss vor sich geht und dass es sich - wie von den Nazis immer wieder betont - nicht um Haushaltsabfälle handle, die verbrannt wurden, so Schuhmann.

Täglich kamen die grauen Busse mit den Todeskandidaten, oft waren die "markerschütternden Schreie" aus dem Schloss im ganzen Dorf zu hören. Franz Schuhmann war damals "so um die zwanzig" und innerhalb der Familie waren die Gräueltaten immer Gesprächsthema. Nach außen hin ließ man sich besser nichts anmerken, sonst "wäre man sofort weg gewesen", erzählt Schuhmann.

Neugierde

Trotz des großen Risikos habe man aber immer wieder geheime Beobachtungen und auch Fotos gemacht. "Durch ein Astloch einer hölzernen Gartenhütte konnten meine Brüder und ich die ankommenden Transporte beobachten und manchmal fiel unser Blick auch auf die angsterfüllten Gesichter im Wageninneren", so Schuhmann. Dann habe es meist nicht lange gedauert und "die schwarze Rußwolke war wieder da."

Im Mittelpunkt der Ausstellung "Wert des Lebens" steht die Situation behinderter Menschen von der Industrialisierung bis zur Gegenwart. Einen besonderen Stellenwert nimmt die Rolle von Schloss Hartheim während der Zeit des Nationalsozialismus ein.(APA)