Cover/Homesweethome

Wien - Der kühle Blick der schwarzhaarigen Dame macht frösteln. Bei dieser Musik muss man sich warm anziehen, so suggeriert Susi Hyldgaards aparte Erscheinung auf dem Cover ihrer aktuellen CD. Doch dann sitzt die 36-jährige Dänin relaxt auf der Bühne und plaudert zwanglos mit dem Publikum: "Die meisten Lieder entstehen in Situationen des Schmerzes. Wenn es mir gut geht, habe ich oft ein Problem mit der Inspiration!"

Nun, an Ideen mangelt es Hyldgaard mitnichten. Auch nicht an Stimme, in der die Klarheit des Pop mit eigenwilligem Soul-Appeal verschmilzt, expressiv und lustvoll, und nur mitunter in die Sphären unterkühlter Verhaltenheit eintauchend, die das Cover ankündigt. "No, I don't believe in love", singt sie im ersten Song, aber das klingt nicht wirklich traurig.

Dazu macht es zu viel Spaß, die Stimme zu erheben und ätherische Soundscapes aus dem Synthesizer durch den Raum schallen zu lassen. Dazu agiert auch ihr Begleittrio zu inspiriert, kleidet es doch Hyldgaards Vokalisen delikat in Ambient- und Dub-angehauchte Arrangements. Hyldgaards Nonchalanace lässt überhören, dass sie sich exakt im Kreuzungspunkt der erfolgreichsten Jazz-Moden dieser Tage findet:

Da ist das Bild der hübschen, Klavier spielenden Jazz-Chanteusen zwischen Diana Krall und Norah Jones. Und da ist der frische Nordwind, der Europas Szene zurzeit befruchtet: die von Musikern wie Nils Petter Molvaer oder Bugge Wesseltoft eingefädelte Verbindung von Improvisation mit elektronischen Dancefloor-Rhythmen und Lounge-Sounds. Hier liegt einiges Zukunftspotenzial. Sofern Hyldgaards hemmungslos subjektive Musikalität dominant bleibt. (felb/DER STANDARD, Printausgabe 02.04.2003)