Josef B., der inzwischen vom Dienst suspendierte operative Leiter der mittlerweile aufgelösten Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, ist am Dienstagnachmittag im Wiener Landesgericht wegen Missbrauch der Amtsgewalt zu zwei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

"Sie haben das Vertrauen der Bevölkerung erschüttert"

Lediglich in einem einzigen Anklagefaktum - dem Vorwurf, nicht gegen einen korrupten EDOK-Chefinspektor vorgegangen zu sein - wurde Josef B. freigesprochen. Die zentralen Punkte der Anklage sah der Senat jedoch als eindeutig erwiesen an, wobei die vorsitzende Richterin Eva-Maria Seidl in der Urteilsbegründung auf die drückende Beweislage und die glaubwürdigen Zeugenaussagen verwies.

Demnach hat der Oberstleutnant der EDOK versucht, den mutmaßlichen Mafia-Paten und Polizei-Spitzel Jeremiasz B. ins FBI-Zeugenschutzprogramm zu hieven und damit außer Landes zu schaffen, als gegen diesen gerichtete Ermittlungen wegen Anstiftung zur Ermordung des polnischen Ex-Ministers Jacek Debski seine Festnahme immer wahrscheinlicher machten. Zudem hat der ranghohe Mafia-Fahnder dem Urteil zufolge einen ihm bzw. seinem V-Mann Jeremiasz B. unangenehmen Beamten aus der Polizei-Arbeit zu eliminieren versucht, indem er diesen mit falschen Behauptungen denunzierte und sogar eine Anzeige erstattete.

"Schulduneinsichtig"

"Sie haben das Vertrauen der Bevölkerung in die Sicherheitsbehörden und die Strafrechtspflege erheblich erschüttert", sagte die Richterin. Aus general- und spezialpräventiven Gründen komme eine bedingte oder teilbedingte Freiheitsstrafe nicht in Frage, zumal sich der Offizier bis zuletzt "schulduneinsichtig" gezeigt habe.

Bedenkzeit

Verteidiger Wolfgang Mekis erbat sich Bedenkzeit. Staatsanwältin Michaela Schnell meldete Strafberufung an.

Zwei EDOK-Beamte sind wegen Begünstigung des mutmaßlichen Mafia-Paten, gegen den im Wiener Landesgericht im Zusammenhang mit dem Debski-Mord derzeit ein Mordprozess läuft, bereits Anfang September 2002 rechtskräftig abgeurteilt worden. Die beiden hatten sich schuldig bekannt. Mit zwei Jahren Haft - davon zehn Monate unbedingt - sowie eineinhalb Jahren - davon fünf Monate unbedingt - kamen sie im Vergleich zum Oberstleutnant relativ glimpflich davon. (APA)