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US-Außenminister Colin Powell will in die Türkei reisen, um die Wogen zu glätten.

Foto: REUTERS/Natalie Behring

Wie US-Außenminister Colin Powell am Mittwoch in Ankara mitteilte, wollen die USA und die Türkei innerhalb weniger Tage ein Koordinations-Komitee gründen, in dem alle Fragen von Nachschub und sonstiger Unterstützung, aber auch türkische Sorgen über Entwicklungen im Nordirak diskutiert werden können.

Ob diesem Komitee auch die nordirakischen Kurden angehören sollen, ließ er offen.

Man werde in ungefähr einer Woche wissen, wie das Komitee zusammengesetzt ist, sagte er auf Nachfrage.

Zur Kooperation mit den US-Streitkräften gehört vor allem die Öffnung des türkisch-irakischen Grenzübergangs für Nachschub an Lebensmitteln, Treibstoff und humanitären Gütern. Zudem bekräftigte die Türkei ihre Bereitschaft, ihre grenznahen Flughäfen für den Transport verwundeter US-Soldaten zu öffnen.

Powell, der von Staatspräsident Necdet Sezer über Ministerpräsident Tayyip Erdogan bis zu Generalstabschef Hilmi Özkök die gesamte türkische Führungsspitze traf, bemühte sich in seiner Pressekonferenz gemeinsam mit seinem türkischen Kollegen Abdullah Gül sichtlich, die Spannungen zwischen den beiden Nato-Alliierten herunterzuspielen. So betonte er, nicht nur Washington, sondern auch die türkische Regierung sei über den Beschluss den Parlaments, keine US-Truppenstationierung in der Türkei zuzulassen, bestürzt gewesen, und man versuche nun gemeinsam, das Beste daraus zu machen.

Auf die Türkei kommt laut Powell eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau eines "befreiten, demokratischen Iraks" zu, nicht nur im unmittelbaren Engagement, sondern auch als demokratisches Vorbild in der Region. In der umstrittenen Frage eines Einmarsches türkischer Truppen betonte Powell erneut, man habe im Nordirak alles unter Kontrolle, sodass für eine Intervention der Türkei keinerlei Notwendigkeit bestehe. Ob Ankara das auch so sieht, wollte Gül nicht kommentieren.

US-Regierung drängt Kongress zu Bewilligung von Hilfen für Türkei

Die US-Regierung hat den Kongress zur Bewilligung der angekündigten Milliardenhilfe für die Türkei gedrängt. Angesichts der wirtschaftlichen Lage in der Türkei sei die Milliardenhilfe die "richtige Politik", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, am Mittwochabend (Ortszeit). Er reagierte auf die Kritik etlicher US-Senatoren an der Haltung der Türkei in der Irak-Frage. Die Senatoren hatten am Mittwoch erneut kritisiert, dass Ankara den US-Truppen auf dem Weg nach Irak den Durchmarsch verweigert hatte.

Ein milliardenschweres Hilfspaket für mehrere Länder in Zusammenhang mit dem Irak-Krieg war bereits von den Haushaltsausschüssen von Senat und Repräsentantenhaus gebilligt worden. Es muss jedoch noch von den beiden Parlamentskammern abgesegnet werden.

Die türkische Presse wertete den Besuch Powells positiv. Das zuletzt durch die Irak-Krise gestörte Vertrauen zwischen beiden NATO-Partnern sei wiederhergestellt, hieß es am Donnerstag in mehreren Zeitungen. "Powell hat die Beziehungen repariert", kommentierte die Zeitung "Milliyet". Der US-Chefdiplomat habe die Grundlage für mögliche weitere US-Anfragen im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg geschaffen. Die Zeitung "Hürriyet" sah in dem Besuch einen "Klimwandel" in den gespannten bilateralen Beziehungen.

Anfang März hatte das türkische Parlament die von den USA geplante Stationierung von Truppen für eine Nordfront im Irak-Krieg blockiert. Powell erreichte am Mittwoch in Ankara zumindest logistische Unterstützung durch die Türkei bei der Versorgung von US-Truppen in Nordirak. Zugleich bekräftigte er die Ablehnung eines türkischen Einmarsches in den Nordirak.

Nach Angaben der türkischen Armee verlegen die USA derzeit Militärmaterial von der Türkei nach Irak. Mehr als 200 unbewaffnete Hummer-Jeeps seien auf dem Weg nach Nordirak, teilte der türkische Generalstab am Mittwochabend mit. Die Militärfahrzeuge seien im Zuge der US-Instandsetzungsarbeiten an türkischen Luftwaffenstützpunkten und Häfen in die Türkei gebracht worden. Keine anderen Waffen und Militärausrüstung würden nach Nordirak gebracht, hieß in einer Erklärung der Armee. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.4.2003)