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Schon bis Sommer muss der Masterplan für die Vereinheitlichung der Exekutive fertig sein. Betroffen sind 29.000 Frauen und Männer.

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Wien - Frankreich hat es vor kurzem getan, Luxemburg ebenfalls, und nun heißt es auch in Österreich: Sicherheitsbeamte aller Bundesländer, vereinigt euch! Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Innenminister Ernst Strasser (beide ÖVP) gaben Montag in Wien den offiziellen Startschuss für die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei.

In den Schmelztiegel der Sicherheit kommen außerdem die Zollwache aus dem Finanzministerium und die Schifffahrtspolizei, die bisher im Infrastrukturressort verankert war. Mit knapp 29.000 Männern und Frauen sind zwanzig Prozent aller Bundesbediensteten betroffen. "Eine Jahrhundertreform", schwärmte Schüssel.

Projektleiter ist Oberstleutnant Franz Lang, gelernter Gendarm und schon jetzt im Innenministerium für beide Wachkörper zuständig. Sein "Team 04", nach dem vierten Kapitel im Regierungsprogramm (eben die Zusammenlegung) benannt, muss bis Sommer einen Masterplan vorlegen. Zum Projektteam ge 4. Spalte hören unter anderen auch der steirische Sicherheitsdirektor Josef Klamminger, der Wiener Kriminalist Ernst Geiger, Franz Birkfellner von der Sicherheitswache Innsbruck und Cobra-Chef Wolfgang Bachler. 2006, wenn die Legislaturperiode abläuft, sollen dann die unterschiedlichen Uniformen und Kapperln der Exekutive endgültig der Vergangenheit angehören.

Der vereinheitlichte Korpsgeist soll vor allem Einsatz und Verwaltungsabläufe straffen und Hierarchieebenen reduzieren. Strasser verspricht sich davon nicht nur mehr Effizienz im Kampf gegen die Kriminalität, sondern auch eine höchstmögliche Mitarbeiterzufriedenheit. Bisher war es beispielsweise für einen Polizisten umständlich, zur Gendarmerie zu wechseln.

Die Frage, ob die künftige Struktur sich eher an der Polizei oder an der Gendarmerie orientiere, blieb offen. Aus den Vorgaben lässt sich aber ablesen, wohin die Reise geht:

Trennung von Behörde und Wachkörper: Nur die Polizei ist eine eigene Behörde, die Gendarmerie ist ein Wachkörper, der den Bezirkshauptmannschaften unterstellt ist. Bei einer Vereinheitlichung der Wachkörper kann also nur das System der Gendarmerie zum Zug kommen. Das bedeutet, dass Polizeijuristen obsolet werden.

Herausnahme des Verfassungsschutzes aus der regionalen Behördenzuständigkeit: Das Wiener Büro für Verfassungsschutz zum Beispiel ist jetzt noch bei der Polizei angesiedelt, weil es aus der weg^reformierten Staatspolizei herausgegangen ist. Verfassungsschutzchef Gert Polli verzichtet auf Zwischenhierarchien und übernimmt auch die Fachaufsicht.

Drittes Zeichen in Richtung Gendarmeriesystem ist ein anderes "Jahrhundertprojekt": die geplante Reform der Strafprozessordnung. Wie berichtet, verschieben sich damit die Kompetenzen im Vorverfahren von U-Richtern zur Staatsanwaltschaft. Die wiederum leitet dann als Behörde die Verfahren. Eine weitere Behörde, nämlich die Polizei, ist nicht mehr notwendig.

Die Entscheidung, wie der einheitliche Wachkörper heißen soll, will sich Strasser "ganz bis zum Schluss aufheben". Genzollizei oder Poliwacherie haben jedenfalls schlechte Chancen. "Ob eine Uniform grau oder grün ist, ist den Bürgern nicht wichtig", meint der Innenminister. Entscheidend sei, dass durch den Wegfall von Doppelgleisigkeiten effizienter und schneller gearbeitet werden könne.

150 Millionen sparen

Mögliche Einsparungen durch den erwarteten Synergieeffekt wollte Strasser nicht beziffern. Er wies aber darauf hin, dass Rechnungshofpräsident Franz Fiedler bereits vor zwei Jahren ausgerechnet hatte, dass eine Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie rund 150 Millionen Euro bringen könnte.

SPÖ-Sicherheitssprecher Rudolf Parnigoni zeigte sich Montag skeptisch. Er forderte mehr Transparenz der konkreten Pläne. Als prinzipiell vernünftig bezeichnete Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz die Verschmelzung der Exekutive. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.4.2003)