Wolf-Dieter Grabner

Foto: Wolf Dieter Grabner

Foto-1: Das dunkelste Bild der Serie - Belichtungszeit 1/6 Sekunde bei f / 9.0, EV -3 1/3

Foto-2: Heller, aber immer noch unterbelichtet. 1/2 Sekunde bei f / 9.0, EV -1 2/3

Foto-3: Die reguläre Belichtung. 1,6 Sekunden bei f / 9.0
Aufgrund der Maximalen Belichtungszeit von 30 Sekunden ist die Aufnahme als Mitte der Belichtungsreihe bewusst unterbelichtet

Foto-4: Leichte Überbelichtung, 5 Sekunden bei f / 9.0, EV +1 2/3
Entsprich ungefähr dem Wert, den man für ein einzelne Aufnahme gewählt hätte.

Foto-5: Starke Überbelichtung, 15 Sekunden bei f / 9.0, EV + 2 2/3

Foto-raw: RAW-Konvertierung mit manuellen Einstellungen mittels Adobe Camera RAW.

Foto: Wolf Dieter Grabner

hdr-final

Das bis auf den Beschnitt fertige Bild. Speziell im Bereich des Skywalk links und bei der Beleuchtung sieht man den Unterschied zur einzelnen LDR-Aufnahme sehr deutlich.

Foto: Wolf Dieter Grabner

hdr-tonemapping

Das HDR-Bild ist aus den gezeigten Fotos der Belichtungsreihe zusammengesetzt, das Tone-Mapping im Beispiel erfolgte mittels Detail Enhancer in Photomatix Pro.

Foto: Wolf Dieter Grabner

Wolf-Dieter Grabner fotografiert für derStandard.at immer wieder die Motorräder. Er unterrichtet an der Kunstuniversität Linz im Rahmen des Master-Studiums Visuelle Kommunikation und spricht im Interview über HDR, HDR-Kameras und warum ihm HDR-Bilder manchmal ein Graus sind.

derStandard.at: Was ist HDR überhaupt?

Wolf-Dieter Grabner: HDR bedeutet High Dynamic Range - das heißt, dass mit dieser Technik ein sehr großer Helligkeitsbereich von sehr dunklen bis hin zu sehr hellen Flächen im Bild gespeichert werden kann. Ein normales Foto, ein so genanntes Low Dynamic Range Image, oder kurz LDR-Bild, kann in vielen Fällen nicht den ganzen Helligkeitsumfang einer Szene in der Natur aufnehmen. Mit neuen Verfahren kann man diese Beschränkungen umgehen. Als Nebeneffekt erhalten die Bildern einen ganz neuen und oftmals durchaus beeindruckenden HDR-Look. Wenn Sie in einem Bild unnatürlich plastisch wirkende Wolken sehen, ist vermutlich HDR mit im Spiel gewesen.

derStandard.at: Wozu brauchen wir dann HDR, wenn es unnatürlich aussieht?

Wolf-Dieter Grabner: Beim Fotografieren in Räumen, wenn auch Fensterflächen im Bild sind, kann HDR sehr nützlich sein. HDR macht es dann möglich, sowohl die Objekte im Raum als auch die Umgebung draußen korrekt zu zeigen. Auf einem normalen Foto wäre entweder das Fenster völlig überbelichtet oder aber umgekehrt der Innenraum viel zu dunkel und nicht zu erkennen. Ein anderer Fall wäre das typische Urlaubsfoto vom Sonnenuntergang - normale Film- oder Digitalkameras können den extremen Kontrast nicht mehr richtig abbilden.

derStandard.at: Wie gehen Profi-Fotografen mit dem Dynamik-Problem auf Fotos um?

Wolf-Dieter Grabner: Am einfachsten ist es natürlich, Situationen mit extremen Kontrasten, wie sie etwa bei Gegenlicht auftreten, einfach zu vermeiden oder sie, gerade auch kreativ übersteigert, als Gestaltungsmittel zu nutzen. Den Ausschnitt oder das Motiv selbst zu verändern, mit Reflektoren einzelne Bereiche aufzuhellen oder zu helle Bereiche abzuschatten, gelingt selbst mit improvisiertem Zubehör aus Stoff oder Karton erstaunlich gut. Anstelle das vorhandene Licht in der Szene zu verändern, kann man aber natürlich auch mit Kunstlicht oder diversen Blitzgeräten arbeiten - ich selbst bin dafür bekannt, lieber zu viel als zu wenig Equipment zu einem Shooting mitzunehmen. In Fällen, wo Zeit oder auch die Physik Grenzen setzen, verwende ich selbst recht häufig HDR-Techniken, über Belichtungsreihen, um ans gewünschte Ziel zu kommen.

derStandard.at: Was sind Belichtungsreihen?

Wolf-Dieter Grabner: Statt ein einzelnes Foto mit den Einschränkungen in der Dynamik zu machen, fertigt man mehrere Bilder mit unterschiedlichen Belichtungswerten an. Man hat dann einen Übergang von unterbelichtet hin zu überbelichtet. Moderne Spiegelreflexkameras unterstützen Belichtungsreihen aus bis zu neun Bildern und passen dabei die Belichtungskorrektur über mehrere Blenden automatisch an. Mittlerweile bieten aber auch viele Kompakt-Kameras entsprechende Aufnahmefunktionen.

derStandard.at: Mit welcher Software kann man diese Fotos dann zu einem Bild verarbeiten und wie funktioniert das?

Wolf-Dieter Grabner: Neuere Versionen von Adobe Photoshop bieten über die Funktion „zu HDR zusammenfügen" sehr gute Werkzeuge zum Zusammenrechnen der einzelnen Fotos aus Belichtungsreihen und auch mehrere Tone-Mapping Varianten an. Ich selbst nutze neben Photoshop auch die Software Photomatix Pro von HDRsoft. Mittlerweile gibt es aber schon eine ganze Menge Programme rund um HDR, etwa FDRtools oder auch Open-Source Lösungen wie Qtpfsgui. Das Prinzip bleibt immer sehr ähnlich: Aus den Einzelbildern einer Belichtungsreihe oder aus einem RAW-Bild wird ein HDR Bild erstellt. Mit Hilfe von Tone-Mapping entsteht daraus wieder ein ganz normales LDR Bild.

derStandard.at: Was ist Tone-Mapping?

Wolf-Dieter Grabner: Oftmals wird HDR mit dem, was man besser als „HDR Effekt" oder „HDR-Look" bezeichnen könnte, verwechselt. Der Look vieler HDR-Bilder auf Foto-Sites wie Flickr hat nichts mit HDR an sich zu tun - er ist Folge der verwendeten Tone-Mapping Algorithmen, etwa des Detail Enhancer zur Optimierung des lokalen Kontrasts. Beim Tone-Mapping geht es darum, wie man die Helligkeitswerte in einer Szene mittels einer viel kleineren Anzahl möglicher Helligkeitswerte eines Computermonitors oder Ausdrucks wiedergeben kann. Ähnlich wie bei der Abbildung eines Globus auf Papier kann die Projektion auf unterschiedliche Arten erfolgen. Je nach Szene und gewünschtem Ergebnis wird man sich für die eine oder andere Variante entscheiden. Tone-Mapping ist mit schwächeren Computern durchaus zeitaufwändig, bedingt durch Belichtungsreihen und die feinere Helligkeitsinformation verbraucht man auch einiges an Speicherplatz.

derStandard.at: Wie schaffen es HDR-Kameras, die aufwendigen Schritte der Belichtungsreihen zu umgehen?

Wolf-Dieter Grabner: Einige Kameras wie die Pentax K-7 können auch ohne spezielle Software, also direkt in der Kamera, aus mehreren Aufnahmen ein einzelnes Bild zusammensetzen. Das geht zwar schneller, es gibt aber Probleme bei bewegten Objekten und die manuellen Einflussmöglichkeiten sind geringer. Daneben gibt es etliche andere Ansätze, Fuji zum Beispiel nutzt bei seinen SuperCCD Sensoren zwei unterschiedlich große Fotodioden für jeden Bildpunkt. Die Kleinere ist für die sehr hellen Bereiche zuständig, die Große für dunkle Bildpartien.

derStandard.at: Sind HDR-Kameras also das Non-plus-Ultra, und wie entwickelt sich Fotografie dadurch weiter?

Wolf-Dieter Grabner: Die Entwicklung bei den Kameras wird weg von der Auflösung sehr stark in Richtung noch höherer Empfindlichkeit der Sensoren und auch erhöhter Dynamik gehen - die Kameras liefern ja jetzt schon deutlich mehr Empfindlichkeit, als das mit Film der Fall war. Da sehe ich aber noch recht viel Luft, zusätzliche Auflösung bringt in den meisten Fällen viel weniger. Den HDR-Effekt bekomme ich aber, soweit mir derzeit bekannt ist, nur über diverse Programme, nicht in der Kamera. Der Look von HDR-Kamera-Bildern ist mir persönlich oft eher ein Graus. Die Grenze zwischen interessant und einfach nur bunt ist da in vielen Fällen zu schnell überschritten. Ich sehe mich da mittlerweile rasch satt.

(glu, derStandard.at, 3.12.2009)