Eine interessante Vorstellung: Die EU könnte jetzt, wäre es nach dem Willen einiger gegangen, einen designierten Ratspräsidenten haben, der zu Hause vor einen Untersuchungsausschuss geladen wird, und dieser beschäftigt sich mit der Frage, ob er - der EU-Ratspräsident, der es nicht geworden ist - 2003 sein Land nicht einfach in den Krieg geführt hat, weil Washington es so wünschte. Das zu klären wird einige Zeit dauern, aber eines ist sicher: Mit dem Verzicht auf Tony Blair blieb Europa einiges erspart.

Wenn hohe britische Beamte jetzt aussagen, dass der Irak 2002/2003 auf der Liste der Bedrohungen nicht besonders weit oben stand, dann bestätigen sie das, was kritische Beobachter damals schon wussten: Da wurde ein Krieg argumentiert und nicht ein Krieg geführt, weil die Argumentationslage entsprechend war. Nicht die Politik wurde der Realität angepasst, sondern die Realität für die Politik zurechtgebogen.

Dazu kommt die Frage, warum, als die Entscheidung für den Krieg gefallen war, die Umsetzung anfangs offenbar recht stümperhaft war. Der Verdacht liegt nahe, dass eine Armee eines modernen demokratischen Landes gar nicht auf einen Krieg dieser Art vorbereitet sein kann - und genau das, zynisch genug, einer der Gründe ist, warum solche Kriege stattfinden. Gelernt hat sie gewiss viel im Irak, die britische Armee. Nicht nur militärisch. Soeben wird wieder ein Misshandlungsfall von irakischen Zivilisten durch britische Soldaten verhandelt. Und die Briten mussten auch - ganz wie die Amerikaner - erfahren, dass es eine Sache ist, eine Schlacht zu gewinnen, eine andere, ein Land zu befrieden. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.11.2009)