Der Complesso Monumentale

Foto: Mumelter

Flatz' Zelle

Foto: Mumelter

Das italienische Kulturministerium hat eine Wiedereröffnung der Kunstausstellung Cella in Rom kategorisch ausgeschlossen. Das erklärte die im Ministerium tätige Kunsthistorikerin Simonetta Druda dem Standard. Die Universität Innsbruck und das österreichische Kulturforum in Rom hatten entsprechende Bemühungen angekündigt. Gleichzeitig äußerte das Ministerium Empörung über die Beschädigung des historischen Jugendgefängnisses durch den Vorarlberger Performancekünstler Flatz. Der habe sich nich nur illegal in einer Zelle des denkmalgeschützten Gebäudes eingenistet, sondern diese auch durch Wandmalereien verunziert.

Die von den österreichischen Kunsthistorikern Christoph Bertsch und Silvia Höller kuratierte Asstellung "Cella" im ehemaligen Jugendgefängnis am Tiberufer war am Montag geschlossen worden. Grund der drastischen Maßnahme: Flatz hatte sich in eigens gefertigter Häftlingskluft in einer der nur 2,90 mal 2,15 Meter kleinen Zellen einquartiert und wollte dort bis zum Ende der Ausstellung am 28. November ausharren. Täglich um 19 Uhr wurde in dem vom Barockarchitekten Carlo Fontana errichteten Bau die Lichter gelöscht und die Türen geschlossen. Flatz blieb zum Ärger des Klturministeriums in seiner Zelle.

Der Künstler, der sich einmal pro Tag mit Essen versorgen ließ, wurde von den Carabinieri mehrmals aufgefordert, das historische Gebäude zu verlassen. Am Montag riß dem Kulturministerium der Geduldsfaden. Die zuständige Konservatorin Federica Galloni verfügte die Schließung der Ausstellung. Flatz mußte seine Zelle verlssen."Es tut uns leid"", erklärte die Kunsthistorikerin Simonetta Druda dem Standard. "Aber die Aktion des Künstlers war nicht mit unserem Ministerium abgesprochen." Daß sich jemand für mehrere Wochen in einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude einniste, sei ein Verstoß gegen geltende Vorschriften."

Druda dementierte auch die Meldung, Flatz sei mit "Polizeigewalt aus dem Gebäude entfernt worden". Nicht das Ministerium habe Anzeige erstattet, sondern ein Mitglied des Ausstellungsteams." Gegenüber dem Standard bezeichnete die Kunsthistorikerin die Bemalung der wertvollen Baustubstanz als unerhört. Das Ministerium dementierte auch die Behauptung der Universität Innsbruck, die Austellung müsse "in zwei Tagen abgebaut werden." Es gelte der vertraglich vereinbarte Termin bis zum 1. Dezember. Die Leiterin des österreichischen Kulturforums in Rom, Astrid Harz, hatte das Ministerium ersucht, die Entscheidung zu überdenken.

"Cella" ist ein Kunstprojekt der Universität Innsbruck über gesellschaftliche Formen der Ausgrenzung. Aus diesem Grunde fiel die Wahl auf das Jugendgefängnis , das 1715 vom Papst errichtet wurde. Das Gebäude ist weltweit der erste Gefängnisbau, der mit einer Zellenstruktur arbeitet. Als Erziehungsanstalt für Jugendliche konzipiert, diente der Bau über die Jahrhunderte hinweg bis 1972 stets dem Aspekt der Ausgrenzung oder Überwachung. 38 international bekannte KünstlerInnen hatten für das historische Jugendgefängnis eigene Arbeiten konzipiert, darunter Jannis Kounellis, Matthew Barney, Giuseppe Penone, Pipilotti Rist und Lois Weinberger. Die Künstler präsentierten ihre Werke in den einzelnen Zellen und dem Refektorium des Complesso Monumentale.

Der Inhalt der Ausstellung war aber nicht ein rein politischer, neben Themen wie Überwachung, Ausgrenzung und Haft wurde die Zelle auch als Rückzugsort oder aus religiöser Sicht interpretiert. Diese Spannbreite des Themas abzubilden, war Teil des Konzeptes. Ausstellung. An der jetzt vorzeitig geschlossenen Ausstellung beteiligten sich 14 österreichische Künstler, darunter Gottfried Bechtold, Christine Prantauer, Gerwald Rockenschaub, Eva Schlegel, Esther Stocker und Zenita Komad. Die Ausstellung hatte in 16 Tagen über 3000 Besucher verzeichnet.(Gerhard Mumelter / DER STANDARD, 25.11.2009)