Václav Klaus wäre nicht Václav Klaus, würde er nicht jede Gelegenheit nützen, um seine zweifelhaften Weisheiten über den EU-Vertrag von Lissabon und die Union zum Besten zu geben. Also jammerte er nach seiner Unterschrift: "Tschechien hört auf, ein souveräner Staat zu sein." Das ist in dieser Diktion blanker Unsinn.

Genauso irreführend ist die Behauptung, wegen der Grundrechte-Charta könnten vertriebene Sudetendeutsche beim Europäischen Gerichtshof Gebietsansprüche in Tschechien durchsetzen. Die Charta bezieht sich auf EU-Recht, bindet die Tätigkeit der EU-Organe. Mit den Beneš-Dekreten hat der neue EU-Vertrag so wenig zu tun wie der alte.

Anderes behaupten nur jene in Österreich, die den Lissabon-Vertrag bisher mit Macht bekämpften. Plötzlich wittern die Rechtsnationalen "Verrat" am EU-Vertrag wegen der (absurden) Ausnahmeregelung für Tschechien. Putzig: Krone, Mölzer, EU-Hasser & Co als Verteidiger von Lissabon.

Zurück zu Klaus. Das Ärgerliche ist dieses Laborieren mit Halbwahrheiten. Er könnte sagen, sein Land verliere weiter an Souveränität, weil es noch mehr Politiken mit den Partnern teilt. Das ist Sinn und Zweck der EU.

Den größten Souveränitätsverzicht hat Tschechien 2004 geleistet, als es EU-Mitglied wurde, die Grenzen aufhob, am Binnenmarkt teilnahm. Der Lissabon-Vertrag ist ein relativ kleiner Schritt. Wäre Klaus konsequent, müsste er sagen: Ich bin für "Lissabon", denn erst dieser Vertrag sieht den Austritt eines Landes vor. Ich will, dass Tschechien austritt. Aber dazu ist Klaus zu feige. Zum Glück ist sein Spuk vorbei. (Thomas Mayer/DER STANDARD, Printausgabe, 4.11.2009)