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Die Besetzung hält an: Gerade am Vormittag kommen aber nur noch wenige Studierende ins Audimax.

Foto: APA/Hochmuth

Die Studierendenproteste an Österreichs Universitäten halten an. Im Zentrum der Diskussion stand heute die Äußerung von Bundeskanzler Werner Faymann, der eine Diskussion für "neue Zugangsregelungen" ins Gespräch gebracht hat. Dabei seien die Zugangsbeschränkungen an Fachhochschulen eine "gutes Beispiel" für Regulierung. Am Mittwoch stehen einige HörerInnenversammlungen an und der Tag dürfte wohl als Vorbereitung für den großen landesweiten Aktionstag am Donnerstag dienen. derStandard.at wird auch am Mittwoch von den Erreignissen rund um die Studierendenproteste berichten.

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UPDATE 17:10: Erfreut zeigt sich der Rektor der Universität Wien, Georg Winckler, auf den Beschluss der Regierung, die Hochschulausgaben bis 2020 auf zwei Prozent des BIPs zu erhöhen (Derzeit: 1,2 Prozent). Die derzeitige "Lücke ist erheblich", so Winckler. Gleichzeitig müssen Vorstellungen entwickelt werden "welche Studienplätze man in angemessener Zahl finanzieren will", sagte Winckler. Dabei sollte nicht nur über den Zugang geredet werden, sondern auch wie man qualitätsvoll studieren und sein Studium rechtzeitig abschließen könne, wie stark der Fachhochschulsektor (FH) sein und welche Arbeitsteilung es zwischen Unis und FH es geben soll, etc. Anschließend soll die Frage diskutiert werden, "wie man die Situation in einzelnen Fächern erträglich machen kann, da kommt dann die Frage der Zugangsregelungen herein", so Winckler.

UPDATE 17:00: Stichwort Basisdemokratie: Heute steht noch das Plenum im Audimax (19 Uhr) und die HörerInnenversammlung im Juridicum der Uni Wien am Programm. Für Mittwoch sind eine Reihe von HörerInnenversammlungen geplant. Im Internet formiert sich vermehrt auch ablehnende Stimmen: Die Facebook-Gruppe "Studieren statt blockieren" kann derzeit auf rund 20.300 Mitglieder verweisen, die befürwortende Gruppe "Audimax Besetzung in der Uni Wien - Die Uni brennt!" hat gut 25.600 Fans.

UPDATE 16:05: Als "gutes Beispiel dafür, wie eine Regulierung funktionieren kann" hat Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) heute, Dienstag, die Fachhochschulen (FH) bezeichnet. Aufnahmeverfahren gibt es dort nur, wenn die Nachfrage das Angebot an Studienplätzen überschreitet. Ist das der Fall, ist es den einzelnen Fachhochschulen freigestellt, welche Art von Aufnahmeverfahren sie anwenden.

UPDATE 16:00: Mit Unmut nahmen die Studierenden, die derzeit das Audimax der Uni Wien besetzt halten, die Aussagen von Kanzler Werner Faymann zu möglichen neuen "Zugangsregelungen" auf. In einer Stellungnahme fordern die Studierenden, "dass die Qualität von Bildung und Lehre nicht durch Zugangsbeschränkungen, sondern durch ausreichende Finanzierung im Bildungssektor gewährleistet wird." 

UPDATE 15:00: "Heiße Luft" statt konkreter Lösungen für die "Hochschulmisere" - diese Bilanz hat die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) vom Ministerrat am Dienstag gezogen. Mit dem angekündigten Hochschul-Dialog würden sich Bundeskanzler Werner Faymann und Wissenschaftsminister Johannes Hahn "vor der Auseinandersetzung mit den Problemen drücken" und diese auf die langte Bank schieben, kritisierte die ÖH in einer Aussendung. Die angekündigte Anhebung des Hochschulbudgets auf zwei Prozent des BIP bis 2020 ist aus Sicht der ÖH zu wenig, sie fordert die Erreichung dieses Ziels bis 2015: "Österreich kann nicht noch zehn Jahre zusehen, wie unsere Hochschulen den Bach runter gehen", kritisierte der stellvertretende ÖH-Vorsitzende Thomas Wallerberger (FEST).

UPDATE 13:30: Bei einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag hat Finanzminister Josef Pröll den Zusammenhang zwischen Studiengebühren und -qualität bekräftigt: "130 Millionen fehlen uns wegen Abschaffung der Studiengebühren. Wir werden überrannt von Studenten. Das führt zu längerer Studiendauer und dünnt die Qualität aus, weil wir die Barrieren abgeschafft haben", so Pröll. Zu Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren (an Fachhochschulen) meinte Pröll: „FH-Absolventen werden bald konkurrenzfähiger sein als ihre Kollegen von der Universität wenn die Entwicklung so weiter geht."

UPDATE 12:35: Bundeskanzler Werner Faymann hat die Forderungen nach Zugangsbeschränkungen bekräftigt. Um welche Beschränkungen es sich handeln solle, solle Wissenschaftsminister Johannes Hahn im Dialog mit Studenten herausfinden, so Faymann nach dem Ministerrat.Im Ministerrat wurde beschlossen, das Budget für die Universitäten bis 2020 auf zwei Prozent des BIP aufzustocken. Um kurzfristig mehr Geld zu lukrieren, solle Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner evaluieren, welche Investitionen in Gebäuden vorgezogen werden können. In Bezug auf die hohe Anzahl ausländischer Studenten in Österreich erklärte Faymann, nicht jeder solle zu uns kommen, "das wäre nicht leistbar". Die Wiedereinführung der Studiengebühren schloss Faymann aus. Vizekanzler Josef Pröll bekräftigte dagegen, dass in dieser Frage in der Regierung Dissens bestehe. Er sei aber dankbar, dass die Regierung nun eine "Linie ziehen" werde, so Pröll.

UPDATE 12:20: Der Präsident der österreichische Universitätenkonferenz und Rektor der WU Wien, Christoph Badelt, hat einen offiziellen Zeitplan für die Verwirklichung des im Regierungsprogramm verankerten Ziels, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den tertiären Bildungsbereich auszugeben, gefordert. Es müsse nun ein konkretes Szenario entwickelt werden, wie es weitergehe. "Das müsste dann kombiniert werden mit dem Bekenntnis zu Zugangsregelungen in jenen Fächern, wo die Kapazitäten nicht reichen", betonte Badelt, der bewusst von Zugangsregelungen spricht, "weil die Beschränktheit der Kapazitäten ergibt sich ohnehin aus den vorhandenen Ressourcen wie Räume, Personalausstattung, etc.". Die jüngste Wortmeldung von Bundeskanzler Werner Faymann, der sich für Zugangsregelungen ausgesprochen hat, wertet Badelt als "enorm wichtig, weil sie die konventionellen Fronten durchbrochen hat".

UPDATE 12:00: Der seit vergangenen Donnerstag andauernden Besetzung der Aula in der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (Sowi) Innsbruck wollen Gegner am Dienstag ein Ende setzen. Die Facebook-Gruppe "Gebt die Sowi-Aula frei!" sowie die Gruppe "Studieren statt blockieren" haben inzwischen mehr als hundert "Fans" lukriert und wollen um 18.00 Uhr die "Blockade" beende. Gefordert wird, den Studierenden endlich wieder den Vorlesungsbetrieb zu ermöglichen. Auch die Besetzer wollen die Vorlesungen ermöglichen und haben sich in einem Offenen Brief an den Rektor der Universität Innsbruck, Karlheinz Töchterle, mit der Bitte gewandt, "alternative Hörsäle zur Verfügung zu stellen".

UPDATE 11:30: Von 9. bis 14. November findet das Studenten-Filmfestival "film:riss" statt. Doch die Hörsäle, in denen die 60 Filmbeiträge aus ganz Österreich gezeigt werden sollen, sind derzeit besetzt. Die Organisatoren des Festivals erklärten sich nun solidarisch mit den Protestierende und hoffen auf deren Mithilfe. "Den Studierenden ist es wichtig, das Festival wie geplant durchführen zu lassen", so die Organisatoren. "Um deren Anliegen aber auch im Rahmen des Festivals unterzubringen, sind eigene Programmpunkte geplant." Zusätzlich werde derzeit abgeklärt, ob Teile des Programms auch in anderen besetzten Hörsälen Österreichs zu sehen sein werden.

UPDATE 11:00: Wissenschaftsminister Johannes Hahn darf anscheinend nicht auf Geld aus anderen Ressorts für die Universitäten hoffen. Sowohl Innenministerin Fekter als auch Außenminister Spindelegger und Umweltminister Berlakovich erklärten vor dem Ministerrat, dass sie keine finanziellen Mittel zur Verfügung hätten. Ob andere Ressorts Geld für die Universitäten locker machen, werde im heutigen Ministerrat diskutiert, so Hahn. Hahn betonte, dass er 34 Mio. Euro mehr für die Unis zur Verfügung stelle. Er habe sich bewegt, "nicht alles ist machbar". Zusätzliches Geld für die Unis ist dabei durchaus nötig, wenn man den von Hahn vorgelegten Ministerrats-Vortrag betrachtet: In diesem bekennt sich die Regierung zum "längerfristigen Ziel", den "Budgetwert von 2 Prozent des BIPs durch öffentliche und private Investitionen für den tertiären Bildungssektor anzustreben".

UPDATE 10:45: Auch heute finden im Audimax wieder eine Reihe von Vorträgen und kulturelle Veranstaltungen statt. Um 15 Uhr zeigt die Filmemacherin Ruth Beckermann ihren Film "Arena besetzt" und diskutiert mit den Studierenden. Auf Grundlage eines Kommentars im Standard ist der Philosophie-Professor Konrad Paul Liessmann schon um 14 Uhr zu Gast. Am Abend besuchen der Schauspieler und Regisseur Hubsi Kramar mit seinem Ensemble (23 Uhr) sowie die Musikerin Gustav (24 Uhr) den besetzten Hörsaal.

UPDATE 9:45: Mit einem offenen Brief an den Senat, das Rektorat, die Dekanate, Curricula-Kommissionen und Studienprogrammleitungen sowie Studienpräses wenden sich die Studierenden der Audimax-Besetzung an die Organisationseinheiten der Uni Wien. Darin übermitteln die Studierenden ihren Forderungskatalog und forderten die in den Gremien vertretenen Personen auf, sich für ihre Forderungen einzusetzen. „Jede Einzelperson, die sich in den jeweiligen Gremien der Universität Wien für die Durchsetzung dieser Forderungen einsetzt, besitzt dafür die Unterstützung des Audimax-Plenums", wird ein Beschluss des Plenums in dem Brief zitiert.

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Am Tag 13 der Audimax-Besetzung und zwei Wochen nachdem die Akademie der bildenden Künste besetzt wurde, will Bundeskanzler Werner Faymann heute die Universitäten im Ministerrat zur Sprache bringen. Der Montag war geprägt von politischen Diskussionen, nachzulesen hier und hier. Zur Stunde ist die Situtation an den Universitäten unverändert, die Universität Wien verlegt ihre im Audimax und im Hörsaal C1 am Uni-Campus geplanten Hörveranstaltungen ins Austria Center und in die Messe Wien. derStandard.at wird auch am Dienstag laufend von den Erreignissen rund um die Uni-Proteste berichten.

Studierende nicht im traditionellen Sinn "politisch"

Eine neue Studie untersucht die Beweggründe und Organisationsstrukturen der Studierenden. So sind dreiviertel der Studierenden, die an den Protesten an der Uni Wien der letzten Tage beteiligt sind, weder hochschul- noch parteipolitischen organisiert. Zu diesem Ergebnis ist eine Blitz-Umfrage des Instituts für Jugendkulturforschung, bei der 213 Studierende der Uni Wien befragt wurden, gekommen. "Es ist offensichtlich, dass die ÖH und die StudentInnenorganisationen kaum einen Einfluss auf das Geschehen im Audimax der Universität Wien haben", heißt es von Seiten des Instituts. Die "Enttäuschung durch die Institutionenpolitik" und die neuen Kommunikationsmöglichkeiten machen die StudentInnen zunehmend unabhängig von den traditionellen Vertretungsorganen der Studentenschaft.

"Bildung statt Ausbildung" am wichtigsten

Bei den Forderungen, die die befragten StudentInnen unterstützen, wurde "Bildung statt Ausbildung" am öftesten genannt. 69 Prozent sprachen sich gegen eine "bloße Ausbildung nach wirtschaftlicher Verwertbarkeit" aus. Am zweithäufigsten (55,4 Prozent) wurde der Wunsch geäußert, dass die Universitäten mehr Geld vom Staat bekommen sollen um weniger auf Mittel aus der Wirtschaft angewiesen zu sein. Weiters werden mit hohen Zustimmungsraten Zugangsbeschränkungen (52,6 Prozent) und Studiengebühren abgelehnt (46 Prozent).

Laut der Studie sind die Studierenden nicht im traditionellen Sinn "politisch", da allgemeine gesellschaftspolitische Forderungen kaum eine Rolle spielen. Am Meisten missfällt den Studierenden, dass sie in „manche Lehrveranstaltungen nicht hineinkommen" (69 Prozent), überfüllte Hörsäle vorfinden (68,1 Prozent) und den Studierenden zu wenige Aufenthaltsräume zur Verfügung stehen (65,7 Prozent). Weitere Kritikpunkte sind das schlechte Betreuungsverhältnis (64 Prozent) und zu teure Skripten (47,9 Prozent).

Parteien können nicht überzeugen

Wenig überzeugt zeigen sich die protestierenden StudentInnen von der Universitätspolitik der etablierten politischen Parteien. Laut dem Institut für Jugendkulturforschung sind ungefähr Zweidrittel der Auffassung, dass gegenwärtig keine guten universitätspolitischen Konzepte angeboten werden. (Sebastian Pumberger, APA, derStandard.at, 3.11.2009)