Dass sich Karl-Heinz Grasser seit geraumer Zeit über schlechte Behandlung durch die Justiz beklagt, ist sein gutes Recht. Sich einen ebenso kundigen wie gut vernetzten Verteidiger zu suchen ebenfalls. Dass dieser - namentlich Manfred Ainedter - seine Kontakte spielen lässt, gehört zum Geschäft eines Anwalts.

So weit, so gut. Weniger gut ist die Reaktion der Justizministerin. Sie traf sich prompt mit Ainedter, einem alten Bekannten, den die Ressortchefin nicht erst seit dem Bawag-Prozess kennt. Und hörte sich die Klage von Grassers Rechtsvertreter an - im "Theatercafé" am Wiener Naschmarkt. Laut Medienberichten soll sie bei der Staatsanwaltschaft eine bessere Behandlung des Ex-Ministers urgiert haben. Bandion-Ortner hat das eher weich dementiert: Sich in Verfahren einzumischen komme für sie nicht infrage. Und: Das Treffen mit Ainedter sei zufällig gewesen.

Ganz nach dem Motto: Man wird ja noch bei einer Melange mit Ex-Kollegen etwas tratschen dürfen. Und durchs Reden kommen bekanntlich die Leut' zusammen. Nicht ganz. Bei einer Justizministerin ist schon der Eindruck einer schiefen Optik fatal. Vor allem dann, wenn diverse Vorfälle in ihrem Wirkungsbereich vermuten lassen, dass es bei der Justiz drunter und drüber geht. Das Verhalten der Ressortchefin bestätigt auch den Eindruck, wie die Realität bei Gericht aussieht. Dass sich Staatsanwälte, Advokaten und Richter schon einmal einen Fall ausschnapsen.

Alles Theater und Bandion-Ortner in der Hauptrolle. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.10./1.11.2009)