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Vaclav Klaus ist zufrieden.

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Tschechiens Premier Jan Fischer in Brüssel: Einer raschen Ratifizierung werde nichts mehr im Wege stehen, versicherte er.

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Prag/Brüssel - Der tschechische Staatspräsident Václav Klaus blockiert nicht länger den EU-Reformvertrag von Lissabon. Er stelle keine weiteren Bedingungen mehr für die Ratifizierung des Vertrags, hieß es in einer Erklärung des Präsidenten in Prag am Freitag: "Mit Zufriedenheit nehme ich die Entscheidung des Rats der Europäischen Union in Brüssel an, dass die Tschechische Republik eine bedeutende Ausnahme vom Vertrag von Lissabon erhält."

Die Grundrechtecharta wird demnach nicht für Tschechien gelten. Damit soll verhindert werden, dass Prag Entschädigungen an Sudetendeutsche zahlen müsste. Klaus hatte sich als letzter Staatschef in der EU geweigert, den Vertrag zu unterschreiben.

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"Tag der Schande", "Skandal", "Widerlich", "EU-Kniefall" - in Wien überschlugen sich Vertreter von ÖVP, FPÖ und BZÖ am Freitag mit negativen Kommentaren über den Kompromiss zum Lissabon-Vertrag mit Tschechiens Staatspräsident Václav Klaus. Auch der deutsche Vertriebenenbund kritisierte die Einigung, und die europäischen Grünen sprachen ihrerseits von einem "Verkauf der Grundrechte".

In den Fluren des Brüsseler Ratsgebäudes stellte sich indes die Frage, ob die am Vorabend erzielte politische Einigung über eine Ausnahme für Tschechien bei der EU-Grundrechtecharta auch halten wird. Der schwedische Ratspräsident Fredrik Reinfeldt betonte am Freitag noch einmal, dass der "Weg zum Reformvertrag weit offen" stehe: "Präsident Klaus wird bald unterzeichnen. Die letzte Hürde vor der endgültigen Ratifizierung ist das Verfahren beim tschechischen Verfassungsgerichtshof."

Entsprechende Signale gab es auch von der tschechischen Seite in Brüssel: Der Chef der Prager Präsidentschaftskanzlei, Jiøí Weigl, der am EU-Gipfel Donnerstagabend präsent und ständig mit Klaus telefonisch im Kontakt war, erklärte, der Präsident habe für die Ratifizierung des Lissabon-Vertrages eine Bedingung gehabt, "die jetzt meiner Meinung nach erfüllt wurde ... Er wird keine Bedingungen mehr stellen" , so Weigl.

Auch der tschechische Ministerpräsident Jan Fischer zeigte sich optimistisch, dass der Pakt halten werde. Er erklärte, seine Delegation sei imstande gewesen, die Verpflichtung Tschechiens zu bestätigen, dass Prag den EU-Reformvertrag ratifizieren werde und dieser bis Ende dieses Jahres in Kraft treten könne.

Das "opt out" von der mit dem Lissabon-Vertrag verknüpften EU-Grundrechtecharta ist in einem Protokoll fixiert, das beim nächsten EU-Beitrittsvertrag von den EU-Staaten ratifiziert und damit rechtsverbindlich werden soll.

Beneš-Dekrete nicht erwähnt

Die für Österreich wichtigen Punkte sind mit dem Kompromiss gewahrt geblieben: Es ist damit keine neue Ratifizierung des gesamten Lissabon-Vertrages erforderlich, die Entschädigungsrechte Vertriebener in den Nachbarstaaten Tschechiens werden dadurch nicht geschmälert und die umstrittenen Beneš-Dekrete im Text des Kompromisses mit keinem Wort erwähnt. Das betonten sowohl Bundeskanzler Werner Faymann als auch Außenminister Michael Spindelegger nach der Einigung noch einmal explizit.

Weist das tschechische Verfassungsgericht in Brünn am kommenden Dienstag die Beschwerde einiger EU-kritischer Senatoren gegen den Lissabon-Vertrag ab und unterschreibt Klaus, dann ginge ein jahrelanges Gefeilsche um einen neuen Grundlagenvertrag für die Europäische Union zu Ende, der der Union die Handlungsfähigkeit nach neuen Erweiterungen erhalten soll. (DER STANDARD, Printausgabe, 31.10.2009)