Angesichts der überfüllten Hörsäle war es nur eine Frage der Zeit, bis die Studierenden ihre Unzufriedenheit mit den derzeitigen Studienbedingungen auch in der Öffentlichkeit zur Schau tragen würden. Dieses Mal scheint - bedenkt man die österreichweite Ausweitung der Proteste -  der Ärger und Frust allerdings größer denn je zu sein.

Gab es letzte Woche noch viele Stimmen, die meinten, dass sich die Besetzung des Audimax in Wien über das Wochenende im Großen und Ganzen wieder auflösen würde, sind viele jetzt eines Besseren belehrt worden. Der Protest nimmt eher zu als ab. Die Organisation ist - entgegen den Vermutungen, dass Studierende nur das Chaos kennen - hervorragend. Von der ersten Stunde an kümmerte man sich um die Pressearbeit und Verpflegung. Um Vorurteilen, die Studierenden würden nur Party machen, Einhalt zu gebieten, gibt es mittlerweile zig Arbeitsgruppen zu den verschiedensten Themen. 

Die Studierenden sind bemüht ein gutes Bild in der Öffentlichkeit abzugeben: Johann Sebastian Bach statt Techno. Rauchverbot während der Plena. In einer beispiellosen Art und Weise haben sie es geschafft binnen kürzester Zeit Kolleginnen und Kollegen per Twitter und Facebook zu mobilisieren oder zumindest auf dem Laufenden zu halten. Im Gegensatz zu den kläglichen Versuchen mancher Politiker, Web 2.0 für sich zu vereinnahmen, hat sich hier mittlerweile wirklich etwas in "Bewegung" gesetzt. Der Grund dafür ist schnell gefunden: jeder Studierende ist - manchmal mehr, manchmal weniger - von den teilweise katastrophalen Zuständen an den Universitäten betroffen.

Kritik gibt es an allen Ecken und Enden. Es ist gut, dass diese von den Studierenden auch lautstark artikuliert wird. Die teilweise utopisch anmutenden Forderungen sollen und müssen bewusst ausgesprochen werden. Allerdings lässt sich die Öffentlichkeit damit nur ungern abspeisen. Die Sinnhaftigkeit mancher Forderungen wird vielerorts in Frage gestellt: "Freie Bildung für alle - wie soll das gehen?"

Konkrete Ziele und Forderungen müssen also her, sonst kann die Sympathie und die Solidarität mit den Besetzern schnell in Unverständnis umschlagen. Die Studierenden haben es nach wie vor selbst in der Hand, ob die Besetzung zum Erfolg oder Misserfolg wird, sie müssen sich allerdings auch über zukünftige Szenarien Gedanken machen. Wie lange will man besetzen? Welche Bedingungen sollen erfüllt werden? Ist es schon ein Erfolg, wenn über die Zustände berichtet wird? Kann es für die derzeitige Situation einen "österreichischen" Lösungsweg geben oder müsste nicht vielmehr auch auf europäischer Ebene etwas bewegt werden? Solange die Studierenden keine knappen, öffentlichkeitstauglichen Antworten auf diese Fragen haben, besteht die Gefahr, dass der Protest möglicherweise sang- und klanglos wieder versandet. (Teresa Eder/derStandard.at, 29.10.2009)