Alec Ounsworth hat sein Debüt in New Orleans aufgenommen.

Foto: Anti/Edel

Der Umgang mit dem Hurrikan "Katrina", der 2005 New Orleans verwüstet hatte und dessen Folgen bis heute nachwirken, bedeutete nicht nur einen weiteren Tiefpunkt der George-W.-Bush-Regierung, diese immer noch offene Wunde in der Stadt, die als Big Easy das Gegenmodell zum spießigen Amerika war, beschäftigt bis heute auch die Kunst. Alec Ounsworth hat nun ein Album in und mit Musikern aus New Orleans aufgenommen. Produziert wurde es von Steve Berlin von Los Lobos, dessen Bariton Sax hier ebenso zum Einsatz kommt wie seine musikalische Offenheit, die dem Werk spürbar Mehrwert verleiht: Es gibt Brass, Baby!

Ounsworth hätte man hier nicht unbedingt erwartet. Der Mann ist ja hauptberuflich Frontmann bei Clap Your Hands Say Yeah. Also einer der ersten sogenannten MySpace-Bands, deren umjubelte Karriere aber dann auch erst wirklich begonnen hatte, als sie ganz Old-School-mäßig einen Plattenvertrag bekamen und ein Album veröffentlichten. Dass Ounsworth nun die Hyper-Hipness von Williamsburg, New York, gegen das Elend von New Orleans tauschte, ist schon einmal grundsympathisch. Das Album, Mo Beauty betitelt, das der Mann mit der Quengelstimme, die so gut David Byrne von den Talking Heads nachstellen kann, nun eingespielt hat, platziert sich thematisch zwischen Hoffnung, Verlust, Zorn und dem Willen, der Stadt am Mississippi-Delta wieder ihren alten Zauber zu verleihen.

In Balladen wie Holy, Holy, Holy Moses (Song For New Orleans) klingt Ounsworth gar wie der hier letztens abgefeierte Gordon Gano von den Violent Femmes, dessen Gospelausflüge ja bis heute für Verwirrung sorgen. Aber da wie dort geht es nicht um verkorkste Heiligkeit, sondern um den Umgang mit einem Genre als Stilmittel. Und: Gospel + New Orleans = logisch! In South Philadelphia (Drug Days) quengelt neben Ounsworth auch noch die Gitarre ganz herrlich, während ein fetter Bläsersatz den Backbeat erhaben überspielt. So viel Kraft und Herrlichkeit inmitten von Not und Elend hat natürlich etwas Verstörendes. Aber genau das balanciert Ounsworth souverän und musikalisch abwechslungsreich - ohne dass man das Gefühl bekäme, dieses Unternehmen sei irgendwie berechnend. Dazu klingt ein Stück wie What Fun letztlich zu bitter. (Karl Fluch / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.10.2009)