Bedrohung statt Erlösung: Larsson betreibt eine unbarmherzige Innenschau. Der Suche nach Schutz vor den Bedrohungen des Lebens erteilt der Schwede eine harsche Abfuhr.

Foto: Günter König


Im Laufe der Geschichte diente das private Heim immer wieder als Rückzugsort - so auch gegenwärtig: War es im ausgehenden 19. Jahrhundert die "Unwirtlichkeit" der modernen Großstadt, so sind es nun vermutlich ökonomische Kälte und überall vermutete Bedrohungen, die zurück in wohlige Wohnzimmer und allerlei sonstige Sicherheitsarchitekturen drängen. Im Bregenzer Kunstverein hat der schwedische Künstler Bo Christian Larsson solche Schutzstrukturen nachgebaut und modifiziert.

For earthly things were turned into watery, and the things, that before swam in the water, now went upon the ground lautet der nicht gerade schlanke Titel der Installation. Dieser macht aber andererseits recht schnell klar, dass Larsson (geboren 1976) nicht nur Fische ans Landleben gewöhnen will, sondern so ziemlich alles auf den Kopf stellt.

Vor allem mit dem Zufluchtsort Kirche und Glauben verfährt er dabei wenig zimperlich und piekst damit im erzkatholischen Vorarlberg genau richtig. Die massiven Holzkreuze markieren keinen Ort der Zuflucht, sondern pfählen sich wie zur Auslöschung eines blutsaugenden Schattenwesens durch den Dachstuhl eines einfachen Holzhauses: "Ich glaube an keinen Gott, und ich weise autoritäre Figuren in jeder Weise zurück. Jeder Lebensaspekt ist für mich von gleicher Wichtigkeit." Larssons Einstellung wird auch in der Verwendung einer runenartig verfremdeten Schrift in The Redeemers Wall ("Die Wand des Erlösers") deutlich: Wachs überzieht die Zeichen und gemahnt an ein satanisches Ritual. Schriftzeichen, die ebenso an das beim Künstler wiederkehrende subkulturelle Motiv des Death Metal erinnern: "Death Metal ist wie eine geheime Gesellschaft, die auf der vorchristlichen Zeit fußt. Sie wird von einer antiklerikalen Haltung untermauert, die die Unterdrückung der Kirche zurückweist, ohne zu Gott und Teufel Stellung zu nehmen." Larsson stellt unsere geistigen und realen Zuflüchte aber sehr wohl infrage, wenn er den Lichtschein des Kreuzes über Kopf, also zum satanischen Zeichen verkehrt, auf den Boden wirft (Upside Down Chapel, 2009) oder wenn er das Unheimliche in Form von bedrohlichen, weil zu Speeren angespitzten Stahlspinnenbeinen durch kleine Löcher ins Häusliche eindringen lässt.

Die dort ängstlich hinter einer Bretterverschalung verschanzte Figur (von einem Porträtgemälde bleiben nur die Augen sichtbar) verhöhnt Larsson für ihren Ruf nach dem schützenden Herren: Where is my Emperor? (2009).

Larssons Innenschau ist unbarmherzig, aber treffend. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.10.2009)