Zum Auftakt der 23. Münchner Medientage haben sich privater und öffentlich-rechtlicher Rundfunk erneut einen teilweise heftigen Schlagabtausch um Inhalte und Refinanzierungswege geliefert. Während die Privaten von einer Überregulierung sprachen und auch die Möglichkeiten eigener Gebühren ansprachen, sehen sich ARD und ZDF im Einklang mit dem Rundfunkstaatsvertrag, auch was die digitalen Angebote betrifft.

Der bayerische Medienminister Siegfried Schneider, der den Kongress in Vertretung von Ministerpräsident Horst Seehofer (beide CSU) eröffnete, appellierte an die Qualitätsmedien, sie sollten einander bei aller Konkurrenz "nicht das Wasser abgraben". Die Grundlagen der Massenkommunikation müssten die Digitalisierung und das Internet als neues Leitmedium berücksichtigen, aber auch Platz für die klassischen Medien am Markt lassen. "Der Medienmarkt ist nicht wie der Wochenmarkt", hier gehe es um Meinungsvielfalt, betonte Schneider.

Die 23. Medientage stehen unter dem Motto "MUT - Medien und Transformation". Der Präsident der gastgebenden Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), Wolf-Dieter Ring, sagte voraus: "In der Medienbranche wird in den kommenden Jahren wenig so bleiben, wie es ist".

Für Diskussionen sorgte vor diesem Hintergrund der Vorstoß des Vorstandsvorsitzenden von ProSiebenSat.1, Thomas Ebeling, künftig möglicherweise zusätzliche Unterhaltungsangebote seiner Sender kostenpflichtig zu machen. "Wir müssen den Mut haben, mit dem Verbraucher in den Dialog zu gehen und zu fragen "was bist Du bereit zu zahlen"". Der Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien, Jürgen Doetz, sieht ebenfalls wenig Chancen für die derzeitige Sendervielfalt bei komplett freien Angeboten: "Entweder es ist paid (bezahlt), oder pleite", sagte er.

Für hitzige Debatten auf dem traditionell breit besetzten Mediengipfel am Eröffnungstag sorgte erneut die per Drei-Stufen-Test derzeit geprüfte Online-Präsenz von ARD und ZDF sowie das ab November geplante Digital-Spartenangebot "Neo" des ZDF, das Intendant Markus Schächter als Dokumentationskanal vorstellte. "Das ist ein Abklatsch eines privaten Angebots", sagte dagegen Doetz. Er sei gespannt, wie die Politik darauf reagiere, dass hier etwas anderes geboten werde als bei Antragstellung angegeben.

Als Gastredner appellierte der Philosoph und Erfolgsautor Richard David Precht ("Wer bin ich und wenn ja, wie viele?") dafür, die Leitmedien in Deutschland zu stützen, um eine Zersplitterung der Öffentlichkeit und damit der Gesellschaft über das Internet zu verhindern. "Es gibt kein Bestandsrecht für all die Sender, die es heute gibt und relativ viel wird auf der Strecke bleiben", sagte der Publizist. Es sei jedoch wichtig, dass eine gemeinsame Öffentlichkeit erhalten bleibe - wie dies Leitmedien könnten - da davon die Werte abhingen. "Derzeit individualisieren wir uns zu Tode."

Auf dem Programm der Medientage stehen bis Freitag 90 Panels mit mehr als 500 Referenten. Mehrere Gipfelrunden versammeln Experten aus Print- und Onlinemedien auf den Podien. Auf einer begleitenden Fachmesse zeigen zudem rund 80 Aussteller mediale Neuheiten. (APA/dpa)