Architekt Josef Knötzl bietet den Senioren die Umplanung ihrer eigenen Wohnung an.
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"Partizipation erlebt eine neue Renaissance" , sagt Susanne Reppé, Marketingleiterin des gemeinnützigen Bauträgers Gewog Neue Heimat, "der einzige Unterschied ist, dass die Leute heute nicht mehr jahrelang ins Blaue hineinplanen wollen, sondern sich nach einer guten Moderation und Organisation sehnen."
In der Steinbruchstraße in Wien-Ottakring entsteht derzeit ein integratives Wohnprojekt mit 80 Wohnungen. Rund ein Viertel davon ist als so genannte Wohngruppe für Fortgeschrittene konzipiert und richtet sich dezidiert an älteres Publikum beziehungsweise an solches, das bereits vorplanen und sich für die Zukunft rüsten will.
Jede Wohnung ist barrierefrei und behindertengerecht ausgestattet und verfügt über einen eigenen Freiraum in Form einer Loggia. Pro Stockwerk gibt es außerdem eine Gemeinschaftsterrasse sowie eine halböffentliche Gruppenküche, in der die Bewohner kollektiv in Teepartylaune verfallen können. "Im Alter ändert sich vieles" , sagt Reppé, "nachdem man mit 65 nicht mehr jeden Abend in die Disco geht, braucht man eben andere Formen der sozialen Begegnung."
Abgewickelt wird das Wohnbauprojekt in der Steinbruchstraße als mehr oder weniger klassisches Partizipationsmodell. Anders als in den Siebziger und Achtziger Jahren, wo oft tausende von kostspieligen und zum Teil unnötigen Arbeitsstunden in die Genese eines Beteiligungsverfahrens investiert wurden, nimmt die Gewog jedoch professionelle Hilfe in Anspruch.
Kostenlose Beratungsstunde
"Es ist wichtig, die Leute durch den Prozess zu leiten und ihnen Anhaltspunkte zu geben", erklärt Raimund Gutmann, Geschäftsführer der mit der Mediation beauftragten Wohnbund-Consult, "im normalen Ablauf des Wohnungsverkaufs kann man diese Form der Kundenkommunikation nicht unterbringen."
Hinzu kommt, dass jede Wohnungspartei Anspruch auf eine kostenlose Beratungsstunde im Architekturbüro hat. "Eine Stunde klingt zunächst sehr bescheiden", sagt Jürgen Eicher, Projektleiter im planenden Architekturbüro Josef Knötzl, "doch die Leute sind durch die begleitende Moderation so gut vorbereitet, dass das in den meisten Fällen reicht." Wer eine intensivere, darüber hinaus gehende Architekturberatung bei der Umplanung seiner Wohnung benötigt, kann diese gegen Honorar in Anspruch nehmen.
"Obwohl die Wohnungen bereits behindertengerecht und gänzlich barrierefrei sind, wird die Option der individuellen Planung von vielen Mietern wahrgenommen. "Eine gewisse Auseinandersetzung mit dem eigenen Wohnbereich schafft Identität" , meint Eicher, "zudem lernen sich die künftigen Nachbarn bereits in einer frühen Projektphase kennen. Genau das ist das Besondere an diesem Wohnbauprojekt." (Wojciech Czaja, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.10.2009)