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Wissenschaftsminister Johannes Hahn will nach fast einer Woche jetzt doch mit den protestierenden Studierenden in Wien, Graz und anderen Städten verhandeln. Für die Studierenden ist das als Erfolg zu werten - doch dass sich der Minister mit der Gesprächsbereitschaft so lange Zeit gelassen hat, hängt damit zusammen, dass der allgemeine Informationstand über Forderungen und Anliegen der Unibesetzer und -besetzerinnen sehr zu wünschen übrig lässt.  Das ist schade: Denn was die vielfach als "Spontis" etikettierten Protestierenden wollen, geht im Grunde alle an, die wollen, dass es in Österreich (auch) künftig genug denkende, hinterfragungsfähige, gut ausgebildete Menschen gibt. Die sich wünschen, dass für gesellschaftliche und politische Herausforderungen weltoffene statt (wie derzeit leider oft) verkrampft-national-kleingeistige Lösungen gesucht und gefunden werden.


Das ergibt sich gleich aus dem ersten Satz der Forderungsliste: "Bildung für eine mündige Gesellschaft und nicht bloße Ausbildung nach wirtschaftlicher Verwertbarkeit". Als die im Land wohl bildungsnächste Personengruppe haben die Studierenden bemerkt, dass auf akademischem Boden, vor allem in den so genannten Massenfächern, zunehmend ein Ausleseprozess stattfindet. Knockoutprüfungen (um die Studierendenzahl auf jenes Maß zu reduzieren, für das es vom Staat Geld an die Unis gibt), bürokratistische Hürden, sinnlose Fernhaltewartezeiten: studieren findet mehr und mehr unter den gleichen Bedingungen der Knappheit, Konkurrenz und Enge statt, die Normalbürger am Arbeitsmarkt an der Stange halten. Mit der inzwischen immer offener ausgesprochenen Drohung des sozialen Abstiegs. Wer nicht spurt, dem stehen prekäre Jobs, Arbeitslosigkeit oder gar eine Karriere als Mindestsicherungsbezieher bevor - zwölfmal jährlich, unter der Armutsgrenze.
Doch Menschen, die sich fürchten, können nicht frei denken. Und wer zu vielen, rein formalen Leistungskriterien ausgesetzt ist, wird die Inhalte vernachlässigen. Wird keine neuen Ideen entwickeln, sondern sich nur auf scheinbar Bewährtes verlassen. Genau das wiederum brauchen die österreichischen Unis, braucht die Gesellschaft absolut nicht - sondern ganz im Gegenteil Zukunftsgewandtheit und Erneuerung. Das ist der Kern des Protestes der Studierenden, die ihr Recht auf Bildung ernst nehmen. Ihre auf die Unireform abzielenden Forderungen ( www.unibrennt.at - dann auf Wiki Wien, dann auf Forderungen gehen) führen das im Detail weiter aus.

Irene.Brickner@derStandard.at