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Montag Abend meldete die Tageszeitung La Repubblica, dass Pierluigi Bersani am Sonntag mit zwischen 52 und 54 Prozent zum neuen Chef der größten Oppositionspartei Partito Democratico (PD) gewählt wurde. Seine Kontrahenten, der bisher amtierenden PD-Chef Dario Franceschini und der Chirurg Ignazio Marino, kamen auf 20 bis 22 Prozent beziehungsweise 14 Prozent.

Die PD ging am Montag Nachmittag von 53,3 Prozent für Bersani, 34,4 Prozent für Franceschini und 12,3 Prozent für Marino aus. Insgesamt waren knapp drei Millionen Wähler für die Vorwahlen an die Urnen geschritten, die erstmals 2007 - nach dem Vorbild der amerikanischen "primaries" - für die neue Partei in Italien eingeführt worden waren. Das amtliche Endergebnis wird laut dem PD-Abgeordneten Maurizio Migliavacca "in den kommenden Tagen" feststehen.

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Nach ersten Schätzungen wurden fast drei Millionen Stimmen abgegeben, fast so viele wie bei der Urwahl 2007, als der damalige Hoffnungsträger der Linken, Walter Veltroni, zum ersten Chef der gerade aus der Taufe gehobenen Partei gekürt worden war. Die PD verzeichnete am Montag 2.826.114 Wähler. Stimmberechtigt waren italienische und in Italien lebende europäische Bürger ab 16 Jahren, die in einem Dokument versichert hatten, PD-Wähler zu sein, und einen symbolische Betrag von zwei Euro gezahlt haben.

"Außergewöhlich" resumierte Bersani und meinte damit nicht nur den Wahlausgang und die die hohe Wahlbeteiligung. "Auch die Organisation dieser Wahl" hob der neu gewählte Chef löblich hervor: "Wir sind stolz darauf, zu denen zu gehören, die dabei sind, eine Partei aufbauen".

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"Ich weiß nicht, ob Sie das bemerkt haben", sagte Bersani auf einer Pressekonferenz kurz nach Bekanntwerden des vorläufigen Ergebnisses zu den anwesenden Journalisten: "Ich weiß nicht, wer in Italien fähig ist, soetwas auf die Beine zu stellen."

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Pierluigi Bersani wurde am 29. September 1951 in Bettola, Provinz Piacenza, in der norditalienischen Region Emilia-Romagna geboren. Er stammt aus einer Handwerkerfamilie. Nach Abschluss des Gymnasiums in der Provinzhaupstadt Piacenza zog er nach Bologna, wo er an der Universität Philosophie inskribierte. Das Studium schloss er mit einer Diplomarbeit über San Gregorio Magno, von 590 bis 604 Papst der römisch-katholischen Kirche (Gregor I.), ab.

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Bersani war bereits in jungen Jahren als Vizepräsident der Berggemeinschaft und des Provinzrates von Piacenza aktiv. Nach einem kurzen Abschnitt als Lehrer sattelte Bersani endgültig auf Politik um. Bis 1990 übernahm er diverse Verwaltungsaufgaben in der Regionalregierung von Piacenza.

Er wurde als Mitglied des Partito Comunista Italiano - später für die Linksdemokraten Democratici di Sinistra - für den Wahlkreis der Region Piacenza ins Regionalparlament der Emilia Romagna gewählt. Von 1990 bis 1993 war er Vizepräsident der Emilia-Romagna, im Juli 1993 stieg er zum Präsidenten des Regionalparlaments auf. Das Amt hatte er bis 1996 inne.

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Von Mai 1996 bis Dezember 1999 diente Bersani als Minister für Industrie, Handel, Handwerk und Tourismus unter der Regierung von Romano Prodi (1996-1998). Anschließend übernahm er bis Juni 2001 das Amt des Verkehrsministers (bis 2000 unter Massimo D’Alema sowie bis 2001 unter Giuliano Amato). Bei den Parlamentswahlen im Mai 2001 wurde er für den Wahlkreis Fidenza-Salsomaggiore Terme in die Abgeordnetenkammer gewählt.

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Bis Mai 2006 gehört Bersani als Mitglied des Europäischen Parlaments den Ausschüssen für Wirtschaft und Währung sowie für Binnenmarkt und Verbraucherschutz an. Außerdem engagierte er sich in verschiedenen Delegationen für die parlamentarische Kooperation der Europäischen Union mit Ländern der ehemaligen Sowjetunion und der Mongolei.

Unter Prodis Mitte-Links-Regierung (2006 bis 2008) war er Minister für Industrie und wirtschaftliche Entwicklung.

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Bersani, auf dem Foto in seiner Funktion als Minister unter Prodi II mit dem russischen Vize-Premier Dmitri Medwedew 2007. Der heute 58-Jährige gilt als wirtschaftspolitisch eher links. Während Dario Franceschini als Anhänger des katholischen Lagers in der PD als "Don Camillo" gilt, steht der Ex-Kommunist Bersani für "Peppone", der sich unter Prodi durchaus offen für liberale Wirtschaftsreformen und Privatisierungen gezeigt hat.

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Bereits im Oktober 2007, bei der Neugründung des Partito Democratico, war er als Vorsitzender im Gespräch, verzichtete aber zugunsten von Walter Veltroni. Anfang Juli reichte der Norditaliener offiziell seine Kandidatur zum Parteichef ein. Die PD versteht er als "Partei ohne Padrone", also nicht als eine "Partei eines einzelnen Mannes", sondern als ein "im Team arbeitendes Kollektiv" verstehen. Die PD sei nicht nur die Opposition , sondern "die Alternative"zu Berlusconis "Volk der Freiheit".

Von Bersani erhofft sich die PD eine Überwindung ihrer seit Monaten andauernden Krise. Der erste Test für den neuen Parteichef Bersani sind Regionalwahlen im März 2010. (fin, derStandard.at, 27.10.2009)

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