Wilhelm Molterer: "Es wäre eine schöne Aufgabe gewesen".

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Wien - Sichtlich enttäuscht hat der frühere Vizekanzler Wilhelm Molterer seine Nicht-Nominierung für den Posten des EU-Kommissars akzeptiert: "Ich nehme die Entscheidung der Bundesregierung zur Kenntnis und bedanke mich bei Vizekanzler Josef Pröll und der ÖVP für die Unterstützung", heißt es in einem Schreiben. Molterer weiter: "Es wäre eine schöne und herausfordernde Aufgabe gewesen, für die ich meine Erfahrung als Bundesminister mehrerer Ressorts einbringen hätte können."

Den Schuldigen für seine Nicht-Nominierung hat Molterer bereits ausgemacht: "Bundeskanzler Faymann hat meine Nominierung verhindert, aus welchen Gründen auch immer." Kommissar Johannes Hahn wünsche er jedenfalls viel Erfolg, so der ÖVP-Abgeordnete.

Faymann: "Gewisser Vertrauensbruch"

Faymann sagte über Molterer, dass dieser mit seinem Ausspruch "es reicht" einen Wahlkampf vom Zaun gebrochen habe: "Das hat einen gewissen Vertrauensbruch bewirkt." Für Faymann sei dies unverständlich gewesen. Er müsse aber einem Kommissar vertrauen können. Pröll erklärte, er habe mit Molterer gesprochen. Molterer sei aus verschiedenen Gründen in der Koalition nicht konsensfähig gewesen. Zur Frage nach einem "Versorgungsposten" für ihn verwies Pröll auf Molterers Tätigkeit als Parlamentarier. 

Pühringer: "Politisches Bauernopfer"

Auch Oberösterreichs ÖVP-Landesparteichef Landeshauptmann Josef Pühringer ist "sehr enttäuscht" darüber, dass sein oberösterreichischer Parteikollege Wilhelm Molterer bei der Nominierung zum EU-Kommissar leer ausgegangen ist. "Ein Politiker mit einer Querschnittskompetenz wie kaum ein Zweiter in Österreich ist hier zu einem politischen Bauernopfer geworden, wofür die Sozialdemokraten die Verantwortung tragen", kritisierte Pühringer Dienstagnachmittag. Kritik kommt auch vom früheren EU-Kommissar Franz Fischler.

Es sei "mehr als unfair" gewesen, der Volkspartei zwar das Vorschlagsrecht einzuräumen, aber dann durch "politische Spielchen" dafür zu sorgen, dass der primäre Kandidat der ÖVP nicht zum Zug komme. Pühringer: "Das hat sich Molterer nicht verdient." Das gesamte Bild, das die Kommissarsermittlung den Bürgern vermittelt habe, sei nicht angetan gewesen, Sympathie für die Politik zu schaffen. "Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das Nationalratsmandat die politische Endstation für Willi Molterer ist", sagte der oberösterreichische ÖVP-Chef.

Fischler: "Auf ein wichtiges Portfolio verzichtet"

Deutliche Kritik an der Nominierung von Johannes Hahn in die EU-Kommission kommt auch vom früheren Agrarkommissar Franz Fischler. "Mit dieser Entscheidung hat Österreich auf ein wichtiges Portfolio verzichtet", kritisiert Fischler im "Kurier" (Mittwoch-Ausgabe). Er glaubt, dass sich Österreich mit der Nominierung Molterers das Agrarressort hätte sichern können, während mit dem Bildungsressort nun "das kleinste Ressort, das Brüssel anzubieten hat" drohe. Molterer hatte seine politische Karriere in den 80er Jahren als Büroleiter Fischlers im Landwirtschaftsministerium gestartet. (APA)