Triest - Seit 2000 arbeiten Wissenschafter aus mehr als 70 Ländern im Programm "Census of Marine Life" zusammen. Die internationale Expertengruppe hat zum Ziel, Verteilung und Bestand der marinen Populationen zu beschreiben und Prognosen zu erstellen.

Um das Ausmaß der Überfischung oder eine Regeneration der Artenvielfalt festzustellen, benötigen die Experten exaktes Wissen über den Ist-Stand. Die historische Analyse des menschlichen Einflusses erlaubt Rückschlüsse auf frühere Fischbestände und ihre Populationsdynamik. Deshalb hat sich ein multidisziplinäres Team aus Ökologen, Meeresbiologen, Historikern, Anthropologen zur Forschungsgemeinschaft "History of Marine Animal Populations" (HMAP) zusammengeschlossen.

In der nördlichen Adria führen das Istituto Superiore per la Ricerca e la Protezione Ambientale (Chioggia) und das Istituto Nazionale di Oceanografia e Geofisica Sperimentale (Triest) das Teilprojekt "Das Meer, wie es einmal war" durch. Ziel ist es, Menge und Arten der gefangenen Fische in der Nordadria und der Lagune von Venedig seit dem Fall der Serenissima (1797) zu rekonstruieren.

Dabei helfen Fischer den Experten zu verstehen, wie sich die Nutzung des Meeres in den vergangenen 50 bis 60 Jahren verändert hat. Ihre mündlichen Überlieferungen beziehen sich sowohl auf ökologisches Erfahrungswissen, Hilfsmittel und Fangmethoden wie auch auf die Sozialstruktur der Fischergemeinschaften. Besonders wichtig sind Informationen, die von früheren Generationen übernommen wurden. "Lokales ökologisches Wissen ist ein Schlüsselfaktor, um richtige Maßnahmen für ein nachhaltiges Fischmanagement zu schaffen", meint Ökologe und Projektleiter Saša Raicevich. (um/DER STANDARD, Printausgabe, 27.10.2009)