Osnabrück - Der insolvente Cabriospezialist Karmann hat möglicherweise doch noch eine letzte Chance: Volkswagen wolle den vom endgültigen Aus bedrohten Zulieferer mit einem Übernahmeangebot retten und biete einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag für das Unternehmen, berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Ein Sprecher der Karmann-Gesellschafter bestätigte der Online-Ausgabe der "Neuen Osnabrücker Zeitung" am Samstag entsprechende Verhandlungen. Diese Gespräche würden schon seit geraumer Zeit geführt, hieß es. Der Zeitung zufolge steht die Übernahme unmittelbar bevor. Die Wolfsburger VW-Konzernzentrale wollte sich zunächst nicht zu den Berichten äußern.

Wie der Sprecher der Karmann-Gesellschafter weiter sagte, gehe es VW um größere Teilbereiche des Osnabrücker Werksgeländes. Am ehemaligen Karmann-Standort in Rheine bestehe kein Interesse. Strittig ist den Informationen zufolge der Kaufpreis. Wie die Zeitung erfuhr, fordern die Karmann-Gesellschafter rund 65 Millionen Euro.

Großer Kunde

Volkswagen war früher ein großer Karmann-Kunde und hatte erst im August noch einen Entwicklungsauftrag an das Osnabrücker Unternehmen vergeben. Seit Monaten wird schon über einen möglichen Einstieg von Volkswagen bei Karmann spekuliert.

Dem insolventen Autobauer Karmann mit derzeit noch 1.600 Mitarbeitern droht nach Einschätzung des Insolvenzverwalters das endgültige Aus. Das Unternehmen hat demnach hohe Außenstände bei Autoherstellern. Ohne diese Zahlungen sei die Schließung im November kaum zu vermeiden, sagte sein Sprecher am Freitag. In der kommenden Woche soll es Verhandlungen darüber geben.

Die Hälfte der Beschäftigten soll ohnehin entlassen werden. Die Autokrise hatte den schon angeschlagenen Cabriobauer schwer erwischt. Ende Juni war das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Die Zukunft des Unternehmens hänge nun von den drei Eigentümerfamilien Battenfeld, Boll und Karmann ab, schreibt der "Spiegel". An deren unrealistischen Forderungen scheitere nach Ansicht von VW-Managern bisher eine Übernahme durch den Wolfsburger Autobauer. Die Familien sollen laut "Spiegel" nahezu 100 Millionen Euro für das marode Unternehmen verlangen. Der VW-Konzern sei aber zu keinerlei Verhandlungen über den angebotenen Kaufpreis bereit, wurde ein Manager vom "Spiegel" zitiert. "Entweder sie akzeptieren, oder das war es.". Es werde ohnehin schwer genug, Karmann zu sanieren. Die Fertigung von Modellen für andere Autohersteller, wie die des Chrysler Crossfire und des Mercedes CLK, sei eingebrochen. Auch der VW-Konzern könne diese Lücke kaum füllen.

Akute Finanznot

Der Sprecher von Karmann-Insolvenzverwalter Ottmar Hermann, Pietro Nuvoloni, hatte am Freitag bestätigt, Karmann stehe wegen akuter Finanznot unmittelbar vor dem Aus. Hermann verhandle mit allen Autoherstellern. "Der Insolvenzverwalter befindet sich in sehr intensiven Gesprächen mit den Auftraggebern, die noch offene Rechnungen haben", sagte Nuvoloni. Ziel sei, noch in letzter Minute Geld zu bekommen.

Nach Informationen der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) hat zumindest BMW inzwischen offene Rechnungen beglichen. Karmann hat in großem Umfang Außenstände bei Autobauern, allein Daimler schuldet dem Unternehmen der Zeitung zufolge einen zweistelligen Millionenbetrag. Eine Bestätigung dazu gab es jedoch nicht. Ein Daimler-Sprecher sagte, es werde versucht, eine Gesamtlösung zu finden. Er wies aber den Eindruck zurück, "dass wir grundlos Geld zurückhalten".

Nach dem Zeitungsbericht will Daimler an diesem Montag über die"Gesamtlösung" sprechen. In Branchenkreisen heiße es, Daimler halte das Geld wegen möglicher Schadensersatzansprüche gegen Karmann zurück. Dem Bericht zufolge hätte Karmann normalerweise Geld zurücklegen müssen, um im Falle fehlerhaft produzierter Autos Schadenersatz an Daimler zahlen zu können.

Wie die Zeitung weiter schreibt, kam es am Freitagvormittag kurzzeitig zu Arbeitsniederlegungen bei Karmann. Den Beschäftigten sei daraufhin zugesichert worden, die erst für November fälligen Oktober-Löhne schon in der nächsten Woche zu zahlen. Dann sollten auch die Beschäftigten informiert werden, ob das Unternehmen nach dem 1. November weiterbestehen werde. (APA)