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Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) hatte bereits am Wochenende angekündigt, nach dem massiven Wahlbetrug in der ersten Runde würden bei der Stichwahl rund 200 und damit mehr als die Hälfte der Distriktchefs der afghanischen Wahlkommission ersetzt.

Foto: REUTERS/Ahmad Masood

Kabul/Kandahar - Auch zum Wahlkampfauftakt vor dem Stichentscheid um die Präsidentschaft am 7. November ist die Gewalt in Afghanistan weitergegangen. Am Samstag, dem ersten Wahlkampftag, kamen bei Zwischenfällen im Süden des Landes mindestens drei internationale Soldaten und vier Zivilisten ums Leben. Beim Absturz von drei Hubschraubern starben 14 Menschen, darunter elf US-Soldaten. Der Gouverneur der ostafghanischen Provinz Nangarhar, Gul Agha Sherzai, entging in Jalalabad nur knapp einem Anschlag.

Wie ein NATO-Sprecher mitteilte, starben am Samstag drei Soldaten der internationalen Schutztruppe ISAF bei Gefechten im Süden des Landes. Bei zwei von ihnen handelte es sich um US-Soldaten. Bei einem Bombenanschlag kam ein weiterer US-Soldat ums Leben, berichtete die US-Armee am Sonntag. Im Westen des Landes starben sieben US-Soldaten und drei Zivilisten, als ein Transporthubschrauber aus ungeklärter Ursache abstürzte, hieß es am Montag. Vier weitere US-Soldaten starben im Süden Afghanistans, als zwei Kampfhubschrauber in der Luft zusammenstießen und abstürzten. In beiden Fällen wurden Angriffe von Taliban-Rebellen als Ursache ausgeschlossen.

Die NATO leitete indes eine Untersuchung zum Tod von vier Zivilisten ein, die im Süden des Landes am Samstag von ISAF-Soldaten getötet wurden. Die Soldaten hätten in Kandahar "zu ihrer Sicherheit" das Feuer auf ein herannahendes Auto eröffnet, das trotz mehrmaliger Aufforderung nicht angehalten habe. Unter den vier Toten waren zwei Frauen und ein Kind. Vier weitere Personen wurden verletzt. Die Provinzregierung kritisierte den Vorfall scharf.

Einflussreicher Gouverneur entgeht knapp Anschlag

In der ostafghanischen Provinz Nangarhar entging unterdessen Gouverneur Gul Agha Sherzai nur knapp einem Anschlag. Ein Sprecher sagte, die Wagenkolonne des Gouverneurs sei in der Provinzhauptstadt Jalalabad von einem schwer bewaffneter Angreifer beschossen worden. Es habe keine Verletzten gegeben. Sicherheitskräfte hätten den Täter festgenommen. Die Taliban bekannten sich zu der Tat. Sherzai gehört wie Staatspräsident Hamid Karsai der Volksgruppe der Paschtunen an. Der frühere Minister gilt als einer der einflussreichsten Politiker Afghanistans. Kurz vor der Präsidentenwahl am 20. August zog er seine eigene Kandidatur zugunsten des Amtsinhabers zurück.

Der Herausforderer Karsais in der Stichwahl, Ex-Außenminister Abdullah Abdullah, forderte eine "dramatische Aufstockung" der Truppenstärke in Afghanistan. "Wir brauchen mehr Soldaten, um die Situation umzukehren", sagte Abdullah am Sonntag dem US-Fernsehsender Fox News. Der Oberbefehlshaber der US-Truppen, Stanley McChrystal, hat 40.000 zusätzliche Soldaten angefordert, doch zögert US-Präsident Barack Obama mit der Entscheidung darüber.

Karsai: Internationale Gemeinschaft habe ihn zur Stichwahl gedrängt

Während die Taliban am Samstag zum Boykott der Präsidenten-Stichwahl aufriefen und den Wählern unverhohlen mit Gewalt drohten, präsentierte Abdullah seine Forderungen für einen fairen Urnengang. Am Montag verlangte er auf einer Pressekonferenz in Kabul die Entlassung des Vorsitzenden der Wahlkommission. Asisullah Lodin habe keine Glaubwürdigkeit mehr, sagte Abdullah mit Blick auf die offenkundig zugunsten Karsais manipulierten vorläufigen Wahlergebnisse. Erst nach wochenlangem Druck hatte Karsai einer Stichwahl zugestimmt, statt der ursprünglich für ihn ausgewiesenen absoluten Mehrheit kam er nach den revidierten Ergebnissen nur noch auf 49 Prozent. Wegen des Betrugs wurden mehr als eine Million Stimmen für ungültig erklärt.

Abdullah sagte am Samstag in einem CNN-Interview, dass er Karsai als erster gratulieren werde, sollte er in einem "transparenten und glaubwürdigen Prozess" gewinnen. Einen Eintritt in Karsais Regierung schloss er jedoch aus. Der afghanische Präsident bestätigte am Sonntag erstmals, dass er von der internationalen Gemeinschaft dazu gedrängt worden sei, eine Stichwahl zu akzeptieren. Es habe "freundliche Bemühungen einiger Regierungen" in diese Richtung gegeben, doch sei dies nicht ausschlaggebend gewesen. Er habe aus Gründen der "Sicherheit für das afghanische Volk" und wegen "demokratischen Traditionen in Afghanistan" in die zweite Runde eingewilligt, sagte Karsai CNN. Der US-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Richard Holbrooke, äußerte indes die Erwartung, dass es in der Stichwahl weniger Probleme als beim ersten Wahlgang geben werde. (APA/AP/Reuters/AFP)