Belgrad - Er habe einen "unsichtbaren Berater". Das hat der ehemalige Präsident der bosnischen Republika Srpska Radovan Karadzic erklärt, als er bei seinem ersten Auftritt vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal im Juli des Vorjahres den Wunsch verkündete, sich selbst zu verteidigen. Der erste Angeklagte, der sich vor dem UNO-Tribunal selbst verteidigte, war der politische Ziehvater Karadzic', der frühere Präsident Serbiens und Jugoslawiens Slobodan Milosevic. Allerdings war er ein Diplomjurist. Karadzic ist Seelenarzt, der erst in den späten 1980er Jahren auch zum Politiker wurde.

Inzwischen ist es klarer geworden, wer der "unsichtbare Berater" Karadzic' sein soll. Der einstige Präsident der Republika Srpska rechnet bei der Vorbereitung seiner Verteidigung mit der Hilfe eines internationalen Beraterteams, das von US-Anwalt Peter Robinson geleitet wird. Für die Koordination der Teamarbeit ist der Belgrader Anwalt Goran Petronijevic zuständig.

Rechtsberater

Robinson kennt sich im Haager Gericht gut aus. Im Prozess gegen mehrere einstige serbische Staatsfunktionäre und Militärs wegen Kriegsverbrechen im Kosovo war Robinson in der Verteidigung des jugoslawischen Ex-Generalstabchefs Dragoljub Ojdanic engagiert. Ojdanic wurde im Frühjahr zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Erfahrungen als Rechtsberater im UNO-Tribunal haben auch andere Teammitglieder Karadzic' Verteidigung gesammelt. Gideo Boas war zum Beispiel Rechtsberater des Senats im Verfahren gegen Milosevic. Ein anderes Team-Mitglied, Andreas O'Shea, ist als Rechtsberater derzeit auch im Team des serbischen Ultranationalisten Vojislav Seselj eingebunden, eines weiteren Angeklagten, der sich vor dem UNO-Tribunal selbst verteidigt.

Eine wichtige Aufgabe im Anwaltsteam von Karadzic ist dem deutschen Anwalt Stefan Kirsch zugefallen. Wie kürzlich das Internetportal "Balkaninsight" (http://www.balkaninsight.com/) berichtete, soll er dafür zuständig sein, von diversen Staaten die für die Vorbereitung der Verteidigung benötigten Unterlagen zu beantragen. Anfragen wurden an gut zwei Dutzend Staaten gerichtet.

Zum Beraterteam gehören auch der australische Justizprofessor Kevin Jon Heller, der in seinem Internetblog auch junge Juristen aufforderte, sich um die Mitarbeit im Beraterteam zu bewerben. Es würde sich um einen "historischen Gerichtsprozess, den größten seit dem Zweiten Weltkrieg" handeln, soll Heller in seinem Blog geschrieben haben.

Wenn am Montag das Gerichtsverfahren gegen Karadzic beginnt, werden Mitglieder des Teams im Zuschauerraum sitzen. Der Angeklagte, sollte er bei seinem angekündigten Boykott nicht verharren wollen, wird sich in den Verhandlungspausen von seinem Team beraten lassen dürfen. (APA)