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Dylanologen sind eine leidlich bekannte Spezies. Meist etwas betagtere Herren (nie Frauen!), die sich mit Akribie – die sie gerne klein spielen, um dann, im geeigneten Moment, groß aufzugeigen –, Werk und Wirken des großen Interpretationsstaubsaugers widmen. Nicht unsympathisch, nerdig eben. Und, mein Gott, besser als Briefmarkensammeln allemal!

Aber dieses sich in ein Thema, ein Phänomen verrennen, das ist ja nicht auf His Bobness allein beschränkt. Dieser Tage erscheint etwa die neue Ausgabe von Rokko’s Adventures. Einem Wiener Underground Magazin, in dem die US-Band Melvins (The Melvins gibt’s net!!!) auch bisher nicht nur eine Nebenrolle spielte. Dieses Mal hat sich Rokko aber selbst übertroffen. Die neue Ausgabe ist ausschließlich dem Trio aus dem Bundesstaat Washington gewidmet. Mit all den Referenzen von Kurt bis Cobain, die dem Durchschnittskonsumenten vielleicht bekannt sind. Und mehr. Viel mehr. Fucking much more!

Im Vorwort zu dem in Englisch gehaltenen Heft erklärt Rokko, dass diese Arbeit als seine Diplomarbeit gedacht war und wohl auch so durchging, was sich in nicht wenigen Fußnoten niederschlägt.

Der nunmehrige Magister Melvin Rokko (Kurz: Mag. mel.) sprach zu diesem Behufe bei Buzz Osbourne wegen einer vorab noch zu findenden These vor, was schließlich zu dem Titel „Smoke dope and kill your parents“ führte.

Jetzt geht nicht klar hervor, ob dieser Titel zugelassen ward oder nicht, jedenfalls liegt dem Heft ein Abziehbildchen mit eben jenem Spruch in bunter Typo bei. Klebt schon neben meinem Schreibtisch. Ein Klassiker, no less! Und auch am Heft selbst pickt er als einziger bunter Klecks in dem ansonsten in existenzialistischer Ernsthaftigkeit gehaltenen Schwarzweiß-Heft.

Nach diesem Vorspiel geht’s los: 90 Seiten lang werden Melvins dekliniert, bis es raucht. Basis sind von Rokko geführte Interviews mit der Band. Er dürfte mittlerweile so etwas wie der österreichische Schatten von Buzz und Dale sein. Aber bei den Melvins lernt man ja bekanntlich immer wen neuen kennen, gilt doch der Platz am Bass als Schleudersitz bei den Metal-Meuchlern. Hübsch illustriert ist die Ausgabe mit zahlreichen Fotos, darunter auch welchen von Manfred Rahs.

Den erreichte zuletzt besondere Ehre: Das Label Touch & Go hatte für die Reissues der ersten fünf Alben von The Jesus Lizard dazu aufgerufen, Fotos von der Band einzureichen, um diese eventuell in den erweiterten Booklets der Wiederveröffentlichungen abzudrucken. Rahs’ Bilder sind in diesen Meisterwerken nun mehrfach vertreten! Congrats!

Zurück zum Heftl: Ohne jetzt schon alles gelesen zu haben, und ob es dazu kommt, weiß ich echt nicht, ist es auf jeden Fall unterhaltsam. Einmal, weil hier jemand als Nerd mit viel Herzblut zu Werke schritt, und weil natürlich das Sujet seiner Faszination einiges hergibt, Humor und Verwirrung zuallererst. Aber alles andere wäre ja fad. Und fad gibt’s eh genug.

So ein Irrsinns-Werk gehört natürlich gefeiert, und das wird es auch! Kommenden Dienstag, am 27. 10., im Wiener Rhiz, rund um den Live-Auftritt der deutschen Hardcore-Kapelle DŸSE. (Karl Fluch, derStandard.at, 23.10.2009)

www.rokkosadventures.at

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