Genf - Im Streit mit Libyen über das Festhalten zweier Schweizer Staatsbürger hat Bern seinen Ton gegenüber Tripolis verschärft. Außenministerin Micheline Calmy-Rey warf den libyschen Behörden am Donnerstag vor, die beiden Männer "entführt" zu haben. Sie würden in einer eklatanten Verletzung des Konsularrechts an einem unbekannten Ort festgehalten, sagte die Ministerin vor Journalisten in Genf. Die Schweiz habe keinerlei Lebenszeichen von ihnen. Am Dienstag lief eine vereinbarte 60-Tage-Frist zur Normalisierung der beiderseitigen Beziehungen ab.

Die beiden Schweizer werden seit einem Jahr am Verlassen Libyens gehindert. Im vergangenen Monat verschwanden sie, als sie die Schweizer Botschaft für eine medizinische Untersuchung auf Anordnung der libyschen Behörden verließen. Die beiden Geschäftsleute waren festgesetzt worden, nachdem die Schweizer Behörden im Juli 2008 einen Sohn des libyschen Machthabers Muammar el Gaddafi vorübergehend festgenommen hatten.

Entschuldigung für Festnahme

Hannibal Gaddafi und seiner Ehefrau wurde im Juli 2008 bei ihrer Festnahme in einem Genfer Luxushotel vorgeworfen, zwei Angestellte geschlagen zu haben. Die Festnahme löste bilaterale Verwerfungen aus: Libyen stoppte seine Erdöllieferungen an die Schweiz und zog geschätzte fünf Milliarden Euro von Schweizer Bankkonten ab. Darüber hinaus wurde den beiden schweizerischen Geschäftsleuten die Ausreise aus Libyen verweigert. Die Männer hätten eigentlich bis spätestens Dienstag in ihre Heimat zurückkehren sollen.

Bei einem Besuch in Libyen im August hatte sich der Schweizer Präsident Hans-Rudolf Merz für die Festnahme des Gaddafi-Sohnes entschuldigt. Libyen hatte der Schweiz im Gegenzug für die Entschuldigung zugesagt, schweizerischen Unternehmen wieder den Zugang zum libyschen Markt zu öffnen. Merz zeigte sich am Donnerstag "enttäuscht", dass sich Tripolis nicht an seine Zusagen halte. (APA)