Berlin - Der Berliner Publizist Henryk M. Broder will neuer Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland werden. In einem Beitrag für den Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstagsausgabe) begründete Broder seine Bewerbung um die Nachfolge von Charlotte Knobloch im kommenden Jahr mit Kritik an der offiziellen Vertretung der Juden in Deutschland. Diese befinde sich in einem "erbärmliche Zustand", schrieb der aus einer polnisch-jüdischen Familie stammende Broder. "Der Zentralrat tritt als Reue-Entgegennahme-Instanz auf und stellt Unbedenklichkeitserklärungen aus, wobei es weder nach oben noch nach unten eine Schamgrenze gibt."

Broder schrieb, als Präsident werde er sich dafür einsetzen, dass die Holocaustleugnung als Straftatbestand aufgehoben werde. Das Gesetz sei gut gemeint gewesen, habe sich aber als kontraproduktiv erwiesen, "indem es Idioten dazu verhilft, sich als Märtyrer im Kampf um die historische Wahrheit zu inszenieren". Auch wolle er sich um gute Beziehungen zu den Muslimen in Deutschland bemühen, die für eine strikte Trennung von Staat und Religion eintreten.

Broder räumte ein, dass vom Prozedere her seine Kandidatur nicht einfach sei. Bewerber müssten der Repräsentantenversammlung einer jüdischen Gemeinde angehören und von dieser nominiert werden. Zwei kleine Gemeinden hätten ihm aber bereits ihre Unterstützung zugesagt, so dass dies keine unüberwindlichen Hindernisse seien. (APA)