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Wegen exzessiver Saufereien, will die ÖBB Alkohol in Regionalverkehr verbieten. Ob nur abends und am Wochenende, steht noch nicht fest

Foto: AP/Dominic Lipinski

Bregenz - Es ist kein Gerücht. Die ÖBB will den Alkoholkonsum in Nahverkehrszügen verbieten. Probeweise, ab Anfang 2010 in Tirol und Vorarlberg. Warum? In der Servicestelle am Bahnhof Bregenz - Bahnhofsvorstand oder Fahrdienstleitung gibt es dort seit Jahren nicht mehr - kennt man die Antwort.

"Ich bin der Anzettler der ganzen Sache", sagt Otmar Weissenbach, der gerade zufällig in der Servicestelle sitzt. Fünfmal die Woche käme es zu Vorfällen mit betrunkenen Jugendlichen, sagt Herr Weissenbach, verantwortlich für den Bereich Konzernsicherheit. "Die Rettung haben wir schon holen müssen wegen der Koma-sauferei im Zug." Die Beschwerden über Exzesse im Zug würden sich häufen, außerdem kämen Reinigung und Reparaturen teuer. "Die Jugendlichen feiern Partys in den Zügen" - Roland Schmid, einem der Sicherheitsbeauftragten, ebenfalls gerade in der Servicestelle zum Plausch, ist die Empörung anzusehen: "Es eskaliert immer wieder."

Schaffnerlose Züge

80 Prozent der Nahverkehrszüge in Vorarlberg sind schaffnerlos, es fehlt an Aufsicht. "Stimmt, manchmal geht's schon zu", sagt Marcel Fink, "aber verbieten soll man den Alkohol nicht gleich." Er möchte schon noch gerne sein "Bierle" trinken, wenn er am Wochenende ins "Enjoy" fährt, sagt der Lehrling.

"Vorglühen"

Auf dem Weg in die Disco wird im Zug "vorgeglüht". Bierkisten würden angeschleppt, Alkopops in Mengen, erzählt Herr Schmid. Im Frühmorgenzug wird dann nachgefeiert. "Das hab ich einmal erlebt, ein zweites Mal möchte ich das nicht mitmachen müssen", erinnert sich Marianne Vith, Lehrling, an rempelnde und pöbelnde junge Männer. Es sind aber nicht nur die Jungen, die Probleme machen. "Untertags sind es betrunkene alte Männer, die ungut auffallen", beobachtet der Schüler Benjamin Lehner. Das Alkoholverbot sei "keine schlechte Idee". Neben ihm im Warteraum sitzt Gisela Werner, eine Pensionistin aus Deutschland. "Man soll den Alkohol nicht generell verbieten, nur wenn Gruppen unterwegs sind, etwa zu Fußballspielen", schlägt Frau Werner vor.

Ob es ein partielles Verbot geben wird, zu bestimmten Tageszeiten oder auf bestimmten Strecken, steht noch nicht fest. Ebenso wenig, wer das Verbot überwachen soll. "Warum kann man nicht an die Eigenverantwortung appellieren?", fragt Pendlerin Barbara Neyer. Sie habe noch keine negativen Erfahrungen gemacht, "auch nicht bei Fahrten am Wochenende oder am Abend".

Neben ihr am Imbiss-Tressen, ebenfalls schnell eine Jause holend, steht die Busfahrerin Goca Kuzmanovic. Sie ist klar für ein Verbot: "Ich als Raucherin darf ja im Zug auch nicht mehr rauchen. Dann sollen die auch nicht mehr trinken dürfen."(Jutta Berger, DER STANDARD Printausgabe 2.10.2009)