Der so genannte Stabilitätspakt war von Anfang an ein ökonomischer Unsinn. Grundsätzlich ist es richtig, dass Staaten über den Konjunkturzyklus ein ausgeglichenes Budget anstreben, aber dass in Einzeljahren das Defizit nicht über drei Prozent liegen darf, steht in keinem ökonomischen Lehrbuch. Die Zahl ist Anfang der neunziger Jahre entstanden, als die ersten Pläne für den Euro Gestalt annahmen und die Deutschen schwächeren Staaten, vor allem Italien, eine schwer zu erreichende Latte legen wollte.

Aber eines ist gewiss: Wenn die Wirtschaft schrumpft und die Konjunktur stockt, dann ist es völlig falsch, das Defizit zu reduzieren. Das geht nur über Kürzungen bei den Ausgaben oder Steuererhöhungen, und beides verschlimmert den Abschwung.

Nun hat die EU ohnehin schon beschlossen, die Defizitregeln wegen der Krise nicht mehr so streng anzuwenden. Und auch vorher, als der Stabilitätspakt noch nicht aufgeweicht war, wurden die Vorschriften nicht so ernst genommen – und die Androhung mit saftigen Strafen gegen Defizitsünder noch weniger.

Die nun mehr eingeleiteten Defizitverfahren sind daher eher als bürokratisches Ritual zu betrachten, nicht als Ausdruck politischen Willens. Aber gerade weil sie volkswirtschaftlich einfach falsch sind, sorgen sie bloß für böses Blut und untergraben Image und Autorität der EU.

Es wird der Tag schon kommen, an dem die Staaten mit dem Schuldenabbau beginnen müssen. Dann wäre die Stimme Brüssels wieder gefragt. Aber derzeit zeigt sich die Kommission in einer ganz entscheidenden Frage von ihrer schlechtesten Seite.