Reale Menschen passen meist schwer bis gar nicht zu den Klischees, die ihnen als Gruppe (in diesem Fall: "die Asylwerber") zugedacht werden. Deshalb ist es mir auch ein Anliegen, in diesem Blog zu zeigen, dass diese Vorurteile – weder die Diffamierungen als Kriminelle und auch nicht das gut gemeinte Reduzieren auf den Opferstatus – der Lebenswirklichkeit von Flüchtlingen nicht entsprechen.

Krieg und Verfolgung haben in ihren Auswirkungen etwas sehr Willkürliches an sich und treffen – wie beispielsweise im Fall Tschetscheniens - gerade zu beliebig große Teile der Bevölkerung. 100 Flüchtlinge, das ist so, als würde man 100 Menschen wahllos von der Straße fangen – es werden sich darunter Menschen mit besserer oder schlechterer Bildung, mit größerer oder geringerer Gesetzestreue usw. finden.

Zwar ist AsylwerberInnen die schwierige Situation gemeinsam, in und mit der sie leben müssen: schwere bis traumatische Erfahrungen im Heimatland, der Verlust von Besitz und der bisherigen Lebensperspektive, die Angst vor der Abschiebung oder die jahrelange Wartezeit ohne Erwerbsmöglichkeit.

Dennoch gehen Menschen mit solchen Situationen ganz unterschiedlich um. Die einen fallen in ein tiefes Loch und kämpfen mit großen psychischen Problemen. Andere wiederum entwickeln einen beeindruckenden Lebensmut, von dem man nur lernen kann.

Davon – von diesem breiten Spektrum an Schicksalen - soll dieser Blog erzählen. Und zwar möglichst mit der eigenen Stimme gesprochen. Aus diesem Grund werden Sie an dieser Stelle immer wieder von Flüchtlingen verfasste Kolumnen finden. Ebenso werden meine MitarbeiterInnen Beiträge aus der Perspektive der unterschiedlichen Arbeitsbereiche der Flüchtlingsbetreuung liefern.

Ich hoffe, es wird uns so gelingen, den LeserInnen zu vermitteln, was es heißt, in Österreich als Flüchtling zu leben – und vielleicht kann dieses Forum ja sogar zu etwas mehr Verständnis beitragen ...