München - Die Managerin Sabine Drzisga - im Vorstand der Nutzfahrzeugsparte bisher zuständig für Controlling, Recht und Einkauf - sei mit sofortiger Wirkung beurlaubt worden, teilte die MAN SE am Montag mit. Ihre Aufgaben übernimmt bis auf weiteres MAN-Nutzfahrzeuge-Chef Anton Weinmann. Die Staatsanwaltschaft München geht dem Verdacht nach, dass vor allem im Lastwagengeschäft Verkäufer von MAN Bestechungsgelder an Mitarbeiter von Kunden zahlten, um den Verkauf anzukurbeln.

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" droht dem Unternehmen deshalb ein Bußgeld von bis zu 50 Mio. Euro. Die Staatsanwaltschaft München habe MAN aufgefordert, die Gewinne zu berechnen, die bei den betreffenden Geschäften erzielt worden seien, berichtete die Zeitung (Dienstag). Auf Basis dieser Zahlen solle dann das Bußgeld festgelegt werden. Die von MAN intern eingesetzten Ermittler und die Strafverfolger seien auf verdächtige Zahlungen in einer Größenordnung von 50 bis 100 Mio. Euro in diesem Jahrzehnt gestoßen. Am Ende werde man wohl eher bei 100 als bei 50 Mio. Euro landen, sagten Insider der Zeitung. Ein MAN-Sprecher wollte sich dazu am Montagabend nicht äußern.

Keine Angaben zu laufenden Ermittlungen

Auch die Münchner Staatsanwaltschaft machte dem Bericht zufolge keine Angaben zu laufenden Ermittlungen, lobte das Unternehmen aber für die interne Aufklärung und die Zusammenarbeit mit den Behörden. MAN verhalte sich "absolut kooperativ", sagte Oberstaatsanwalt Hajo Tacke der Zeitung. Konzernchef Hakan Samuelsson will sich dem Bericht zufolge rasch mit der Staatsanwaltschaft einigen, um die Schmiergeldaffäre so schnell wie möglich zu beenden.

Zur Aufklärung der Affäre hatte MAN eine interne Untersuchung eingeleitet und ein Amnestieprogramm für auskunftswillige Beschäftigte aufgelegt. "Die laufende interne Untersuchung hat ergeben, dass bei einer großen Mehrheit der Teilnehmer am Amnestieprogramm kein relevantes rechtswidriges Verhalten vorliegt", erklärte das Unternehmen. Darüber würden die Mitarbeiter in dieser Woche auch schriftlich informiert. "Dies bedeutet Klarheit für die Mitarbeiter und das Unternehmen."

Keine staatsanwaltlichen Ermittlungen

Zu den Hintergründen für die Beurlaubung von Drzisga wollte sich ein MAN-Sprecher unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht äußern. In dem "SZ"-Bericht hieß es, intern werde der Managerin vorgeworfen, ihr sei bei ihrer Tätigkeit das eine oder andere entgangen, was ihr hätte auffallen können oder müssen. Gegen sie gebe es aber keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Dass man sich von der Chef-Kontrolleurin trennen solle, hätten die Anwaltskanzleien empfohlen, die bei MAN im Auftrag des Konzerns intern ermitteln. Weitere Rauswürfe auf Vorstandsebene seien nicht mehr vorgesehen, sofern es bei den bisherigen Erkenntnissen bleibe.

Wegen der Schmiergeld-Affäre hatte MAN nahezu die komplette Vertriebsführungsmannschaft der Nutzfahrzeugsparte in Deutschland ausgetauscht. Im Sommer hatte deshalb auch der Vertriebsvorstand von MAN Nutzfahrzeuge, Peter Erichreineke, seinen Posten geräumt. Die Staatsanwaltschaft München hat in der Affäre weit mehr als 100 Beschuldigte im Visier. (APA)