Also als juristische Band, tatsächlich ist ja nur noch Ralf Hütter das letzte verbliebene Original, der Rest sind humanoide Dummys auf Leasingbasis, die bei den Live-Auftritten die ästhetische Vierfaltigkeit aufrechterhalten. Remastered, das ist das Zauberwort unter dem das bereits 2004 angekündigte Unterfangen nun tatsächlich erschienen ist. Zwar weiß man um das Perfektionsstreben der Düsseldorfer Elektronikmusiker, aber dass nun nach dem Katalog der Beatles gleich auch (teilweise) jener von Kraftwerk ausgerechnet bei dem krisengeschüttelten Major EMI neu und natürlich besser erscheint, wirkt nicht zufällig.

Klar ist seit langem, dass die Majors im Zweifelsfall lieber alte Hüte neu verpacken und noch einmal verkaufen, als längerfristig in die Entwicklung von neuen Künstlern zu investieren. Mit dem Remastering des Beatleskatalogs, der ja eigentlich schon mit der Let-It-Be-Naked-so-wie-wir-es-immer-gemeint-haben-Wiederveröffentlichung und dem völlig bescheuerten Love-Projekt begonnen hat, wurde das Familiensilber neu aufpoliert wieder in die Ausklage gestellt. Nun eben auch Kraftwerk. Wobei mir letztere näher sind. Nur: Als jemand, für den die analoge Unschärfe des Vinyls Kraftwerkmusik immer begleitet hat, kann ich sagen: brauch ich nicht. Möglich, dass es da draußen eine Gemeinde von Audiophilen gibt, die sich an der Messbarkeit von Kunst beziehungsweise ihrer Übersetzung in technische Daten begeilt, aber mir ist das egal. Dazu hab ich weder den Glauben, noch die Abspielgeräte und nach, was weiß ich, 2500 Konzerten sicher nicht die Ohrwascheln.

Klar: Kraftwerk waren immer Ästheten, dementsprechend erfreuen die neu verpackten alten Werke das Auge und klingen eben knackig – nur: das tun die Platten auch. Das ist es mit der Aufregung also auch schon gewesen, auch wenn dass die Weihnachtsgans nicht gerne hört.

(Karl Fluch, derStandard.at, 12.10.2009)