Wien - Die Wirtschaftsuniversität Wien (WU) wird einen Antrag auf Einführung eines Auswahlverfahrens aufgrund des "Notfallparagrafen" 124 b im Universitätsgesetz (UG) stellen. Dies kündigte Rektor Christoph Badelt an. Betroffen ist das Bachelorstudium "Wirtschafts- und Sozialwissenschaften". Als Begründung gab Badelt den derzeit um rund 15 Prozent höheren Zustrom an Studienanfängern gegenüber dem Vorjahres-Vergleichszeitraum an.

Badelt wies darauf hin, dass die Zahl der Studienanfänger auf extrem hohem Niveau noch einmal zugenommen habe. Bereits im Vorjahr habe es um vier Mal mehr Erstinskribenten als Plätze gegeben. Nun würde die Zahl wiederum um rund 15 Prozent anwachsen - dies bedeute an der WU mit ihren hohen Studentenzahlen einen Absolutzuwachs von derzeit ca. 600 Studienanfängern (Stand: 15. Oktober). Das Wachstum der ausländischen Anfänger liegt derzeit ebenfalls bei rund 15 Prozent.

Nachfrist läuft noch bis Ende November

Dazu kommt laut Badelt noch, dass die reguläre Inskription an der WU zwar bereits abgeschlossen ist, allerdings noch bis 30. November die Nachfrist laufe. Im Gegensatz zum Vorjahr ist die Einschreibung in dieser Frist für von Studiengebühren befreite Studenten mit keinen Zusatzkosten verbunden.

Handeln nach "Notfallparagraf"

Im Universitätsgesetz sieht der sogenannte "Notfallparagraf" (§ 124b) vor, dass im Falle von "unvertretbaren Studienbedingungen" für jene Studien, für die in Deutschland der Numerus clausus gilt, wieder Zugangsbeschränkungen eingeführt werden können. Dafür müssen alle Unis, die das betreffende Fach anbieten, gemeinsam einen Antrag an das Wissenschaftsministerium stellen. Schließlich muss noch die Bundesregierung - und damit auch die SPÖ - dem Antrag zustimmen.

Badelt steht auf dem Standpunkt, dass die WU rein rechtlich auch ohne Abstimmung mit den anderen Unis eine Beschränkung beantragen könne, da "Wirtschafts- und Sozialwissenschaften" wesentlich breiter als die verwandten BWL-Studien an den anderen Unis aufgestellt sei. Erst im Master-Studium erfolge eine Spezialisierung. Die Frage sei aber, ob die Regierung den Begriff "betreffendes Fach" enger oder weiter auslege. Man werde aber jedenfalls ein gemeinsames Vorgehen mit den anderen Unis anstreben.

Die Universität Graz würde einen solchen Antrag "natürlich" unterstützen und auf jeden Fall auch selbst Beschränkungen anwenden. "Es würde gar nicht anders gehen, denn wenn es an einer Uni in Betriebswirtschaft Zugangsbeschränkungen gäbe, würden die Studenten an andere Unis ausweichen", so Martin Polaschek, Vizerektor für Lehrer der Uni Graz. Auch in Graz leide man unter dem großen Andrang auf die Betriebswirtschaft, es gebe jedes Jahr 1000 Anfänger und "extreme Probleme, die Studenten zu betreuen". Der Ausländeranteil liege in diesem Fach bei zehn Prozent.

Auch an der Uni Klagenfurt, wo das Studium "Angewandte Betriebswirtschaft" angeboten wird, würde ein Antrag Badelts unterstützt. "Das Studium ist sehr nachgefragt und personell unterbesetzt, die Zugangsbeschränkungen würden das Problem des großen Andrangs ein bisschen lösen", so Vizerektor Hubert Lengauer. Aktiv drängt man an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften allerdings nicht auf Zugangshürden, wie Dekan Erich Schwarz betont. "Derzeit wird das noch nicht diskutiert. Ich hielte es auch für sinnvoller, über Umschichtungen Geld in die Betriebswirtschaft zu bringen". Die Situation ist laut Lengauer auch nicht so dramatisch wie in der Psychologie, wo 45 Prozent der Studenten aus Deutschland kommen. "Die Betriebswirtschaft wird vor allem von Inländern studiert."

BWL-Studien werden auch an den Unis Linz, Innsbruck und Wien angeboten. (APA)