Bild nicht mehr verfügbar.

Diego Armando Maradona hat nach endlich gelungener WM-Qualifikation für Argentinien den Mund etwas voll genommen.

Foto: AP Photo/Natacha Pisarenko

Buenos Aires / Kairo - Das ist die Crux mit dieser Echtzeit-Globalisierung. Kaum macht zum Beispiel Diego Maradona in Südamerika den Mund auf, verschlägt es drüben im afrikanischen Kairo Joseph S. Blatter - der sich gerade das Finale der U-20-WM gab - so sehr die Rede, dass er umgehend seinen Pressesprecher aussenden lässt: "Die Berichte, die wir bisher bekommen haben, lassen uns keine andere Alternative, als den Fifa-Disziplinarausschuss zu bitten, ein Verfahren gegen den Trainer Diego Armando Maradona zu eröffnen." Und zwar wegen quasi erwiesener Vulgarität oder Obszönität.

Dabei hat Maradona nach endlich bestandener WM-Qualifikation seiner Argentinier nichts anderes getan, als ein wenig den Mund voll genommen, weil er nach dem Relegations-1:0 beim Nachbarn Uruguay keine Rechtfertigungs- oder Entschuldigungs-Maulaffen mehr feilhalten musste. Außerdem hat er sich bei den Damen sowieso entschuldigt, was Blatter in der mundgerechten Übersetzung aus dem Spanischen vielleicht vorenthalten wurde.

In der nunmehr inkriminierten Pressekonferenz hatte Maradona nichts anderes getan, als seine Kritiker - und derer gab und gibt es viele - aufzufordern, nicht gar so mundfaul zu sein. Und da Fußballer und selbst Nationaltrainer bekanntlich keine auf Maulbeeren herangezüchtete Seidenraupen sind, fiel die wahrscheinlich eh recht höflich gemeinte Aufforderung ein wenig deftiger aus, als bei allfälligen Fifa-Disziplinarausschusssitzungen üblich.

Nun könnte man sich, nachdem das Maulheldische an Diego Maradona weltweit zur Genüge gewürdigt worden ist, einfach den Mund halten und zur Tagesordnung übergehen. Dummerweise tauchte aber am Samstag noch ein Video auf, das zeigt, wie Maradona unmittelbar nach der inkriminierten Pressekonferenz mehrmals am Daumen lutscht, quasi ein sinnfälliges Lippenbekenntnis zur vorher getätigten Aussage.

Julio Grondona, Blatters Stellvertreter in der Fifa und Präsident des argentinischen Fußballverbandes, wollte sich von Blatters Vorstoß gegen seinen Coach nicht kopfscheu machen lassen. Zwar hält auch er nichts von Maradonas "Ausbruch", allerdings: "Man muss verstehen, wie Maradona ist." Eben.

Genau das sagt im übrigen auch Pelé, Maradonas brasilianischer Vorgänger als ballesterische Ikone, der bekanntlich auch nicht auf den Mund gefallen ist. Was der Argentinier gesagt habe, sei wohl "ganz normal für jemanden, der schon unter dem Fallbeil lag und dessen Hinrichtung im letzten Augenblick abgesagt wird". So einer holt bald einmal den Mundschenk, auf dass der ihm einschenke. Und so nimmt halt alles seinen Lauf. Denn wes' Herz übervoll, des' Mund geht eben manchmal über. (wei, DER STANDARD, Printausgabe, Montag, 19. Oktober)