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Die Ukraine (im Bild Präsident Viktor Juschtschenko mit Österreichs Staatsoberhaupt Heinz Fischer) will die Abkommen mit Russland neu verhandeln.

Foto: APA/Tatic

Wien - Eine hochrangige ukrainische Delegation hat am Freitag in Wien vor einem neuen Gasstreit gewarnt. Erst im vergangenen Januar ist der Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland eskaliert, Moskau stoppte die Gaslieferungen zwischenzeitlich. In mehreren europäischen Staaten drohten Engpässe, in einigen gab es Versorgungsprobleme. Eine zwischen Moskau und Kiew getroffene Vereinbarung, die den Streit beilegte, will die Ukraine nun neu ausverhandeln.

Einerseits will Kiew die Abkommen ändern, die festlegen, wie viel Gas das Land den Russen abkauft, sagte der Energieberater Juschtschenkos, Bohdan Sokolovskyi, im Gespräch mit dem STANDARD. Vereinbart war, 2009 40 Milliarden Kubikmeter russisches Gas abzunehmen. Wegen der Wirtschaftskrise falle der Bedarf aber nun wesentlich geringer aus, Sokolovskyi rechnet mit unter 30 Milliarden bei importiertem Gas, auch für 2010 sei die Menge viel zu groß.

"Die Ukraine hat kein Geld"

Laut Vertrag mit Russland muss die Ukraine aber Gas kaufen oder Strafe zahlen. "Uns drohen Strafzahlungen in Höhe von 5,9 Milliarden Dollar", sagt Sokolovskyi, "es ist unwahrscheinlich, dass wir das bezahlen können, die Ukraine hat kein Geld." Russlands Premier Wladimir Putin habe zwar mündlich zugesagt, auf die Strafen zu verzichten. Doch in den letzten Tagen hätten sowohl der russische Energiekonzern Gazprom als auch einzelne Duma-Politiker wieder Strafzahlungen gefordert. Auch seien die bisherigen Zahlungsnachlässe nur mündlich zugesagt worden, eine schriftliche Vereinbarung verweigere Russland.

Kiew fordert aber auch für die Weiterleitung des Gases nach Westeuropa mehr Geld. Die Streitsumme beziffert Sokolovskyi mit 3,5 bis sieben Milliarden Dollar. Die Ukraine habe im Laufe des Sommers ihr Gasnetz modernisiert und sei bereit, über den Winter nach Westen zu liefern. Doch eine neuerliche russische Blockade könne niemand ausschließen. "Wir sind nach Wien gereist, um klarzumachen, dass wir normale finanzielle Bedingungen mit Russland aushandeln müssen. Ohne diese können wir für 2010-2011 nicht garantieren, dass wir normal Gas nach Österreich pumpen können." Bereits zuvor hat die ukrainische Delegation um Unterstützung in Brüssel und Berlin angesucht.

Dabei ist Russland nicht das einzige Problem der Ukraine. Der staatliche ukrainische Energiekonzern Naftogaz ist de facto pleite. Allein 2009 hat das Unternehmen Schulden in Höhe von zwei Milliarden Dollar angehäuft. Derzeit verhandelt Kiew mit Weltbank, Europäischer Investitionsbank und der Bank für Wiederaufbau und Entwicklung um einen Kredit von 1,7 Milliarden Dollar. (szi, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18.10.2009)