Foto: derStandard.at/Fercher

Wien - Laura Angelstorf versteht die österreichische Uni-Welt nicht: "In der EU sollte nicht nur ein Austausch von Geld, sondern auch von Bildung stattfinden", sagt die 20-Jährige. Angelstorf kommt aus Deutschland, aus Ravensburg, um genau zu sein - und sie studiert in Wien Publizistik. Jenes Studium also, das aufgrund des Zustroms deutscher Studenten wieder Zugangshürden einführen wird.

"Es ging nicht nur um den Numerus clausus, sondern auch darum, dass ich etwas anderes sehen wollte", erklärt sie ihren Wechsel nach Wien. Als Angelstorf vor drei Semestern zu studieren begonnen hat, gab es ein Auswahlverfahren, aber: "Auf Zugangsbeschränkungen kann man verzichten, die mangelnde Vorinformation ist das eigentliche Problem."

Auch der österreichische Publizistikstudent Mario Aberl glaubt, dass es an "Vorinformation hapert. Es kommen immer noch Leute, die denken, wenn sie Publizistik studieren, werden sie zum PR-Berater und Journalisten ausgebildet." Wie die Deutsche hatte der 25-Jährige, der im siebenten Semester studiert, nie Probleme, einen Platz in Lehrveranstaltungen zu ergattern. Zur laufenden Debatte sagt er: "Man sollte den Deutschen nicht den schwarzen Peter zuschieben."

Nicht nur die jüngsten Prognosen des Wissenschaftsministeriums - 20 Prozent mehr Studierende, 15 Prozent mehr Studienanfänger als im Vorjahr - sorgen derzeit für Aufregung. Am Donnerstag haben drei Unis (Wien, Salzburg und Klagenfurt) angekündigt, den "Notfallparagrafen" im Uni-Gesetz nutzen zu wollen, der Eingangshürden für jene Studien gestattet, die in Deutschland unter den Numerus clausus fallen.

Warten auf Hörerzahlen

Bei Publizistik wird es nicht bleiben, befürchtet die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH). "Es gibt Indizien, dass andere Fächer folgen", sagt ÖH-Vizechef Thomas Wallerberger. Tatsächlich werden solche Pläne bereits an der Wiener Wirtschaftsuni (WU) gewälzt. "Wir überlegen das für Betriebswirtschaftslehre", heißt es im Rektorat. Noch wolle man die endgültigen Studierendenzahlen abwarten, da im November noch die Anmelde-Nachfrist läuft: "Erste Schätzungen gehen von einem Zuwachs an WU-Studierenden von sechs bis sieben Prozent aus."

Um die Unis zu entlasten hat Wissenschaftsminister Johannes Hahn einen "Drei-Stufen-Plan" vorgestellt. Die ÖH lehnt ihn ab. Man ist weiter gegen Studiengebühren und Eingangshürden, nur die bessere Studien-Vorbereitung in den Schulen wird begrüßt. Dass Hahn in die Debatte nun auch noch die Idee von günstigen Staatskrediten für Studierende aufwärmt, stößt auf wenig Gegenliebe. Zumindest der sozialistische Studierendenverband VSStÖ ist sich sicher: Hahn ist "rücktrittsreif". (Peter Mayr, Sophie Niedenzu, DER STANDARD, Printausgabe, 17.10.2009)